Nein, Sauerkraut mag Kisara nicht. Und auch die Temperaturen in Deutschland waren für ihn gewöhnungsbedürftig. Aber sonst ist er voll des Lobes in Bezug auf Deutschland. Vier Wochen lang lebte der 16-jährige Ceylonese im Rahmen des Austauschprogramms des Gymnasiums in Isernhagen. Am Freitag, 1. März, geht es für ihn und vier andere Mitschüler wieder heim zu ihren Familien nach Colombo.
„Meine deutsche Gastfamilie ist einfach klasse. Mit ihr habe ich mich immer sehr wohl gefühlt“, sagt Kisara in perfektem Englisch. „Sie haben viel mit mir unternommen und mir eine Menge von Deutschland gezeigt.“ Fasziniert hat ihn unter anderem die Pünktlichkeit der Straßenbahnen. „Die kommen ja tatsächlich genau zu der Minute, die auf der Anzeigentafel angekündigt wird“, hat er einmal zu seiner Gastmutter gesagt.
Zu Besuch beim Botschafter Sri Lankas
Die Tennisspiele mit seinem 15-jährigen Gastbruder Christopher und anderen Mitschülern haben dem sportbegeisterten Teenager besonders gefallen. „Toll fand ich die Atmosphäre im Fußballstadion in Hannover!“, sagt er mit leuchtenden Augen. Gern wäre er einmal um den Altwarmbüchener See gelaufen, doch das hat Kisara in der winterlichen Kälte aufgegeben – zu schmerzhaft war es für ihn, die kalte Luft einzuatmen. So zog er es vor, sportliche Indoor-Aktivitäten zu betreiben: Gemeinsam mit anderen deutschen und ceylonesischen Jungen ging er zum Laser-Tag, zum Bowling und auch einmal zum Kegeln. Ein Höhepunkt für ihn war der Besuch des ceylonesischen Botschafters in Berlin.
Neben der Kälte musste sich Kisara vor allem beim Essen umstellen. „Wir essen dreimal am Tag warm in Sri Lanka. Meistens gibt es dabei Reis.“ Seine deutsche Gastmutter kochte häufig mit Curry, um der asiatischen Küche nahe zu kommen. Doch als einige Tage lang die Großmutter die Familie bekochte, gab es deutsche Hausmannskost – eine besondere Erfahrung für Kisara.
Privatkleidung statt Schuluniform am Gymnasium Isernhagen
Interessant für den 16-Jährigen waren besonders die Unterschiede im Schulleben: Dass Schüler im Unterricht eigene Kleidung tragen und Mädchen und Jungen zusammen unterrichtet werden und auch gemeinsam Sport treiben, kannte er so bislang nicht. Sehr überrascht war er davon, dass einige deutsche Teenager eine Tanzschule besuchen. Auch die Kultur des Standard-Tanzens war Kisara völlig neu.
„In Sri Lanka gibt es auch keine Sportvereine oder Sporthallen, die man mieten kann“, sagt er. „Alle sportlichen Aktivitäten finden in der Schule statt.“ An manchen Tagen beginne er bereits um 6 Uhr morgens mit dem Schulsport, berichtet Kisara. „Und an einigen Tagen komme ich erst um 8 Uhr abends aus der Schule zurück.“ Dann habe er noch Hausaufgaben zu machen.
Gastmutter bewundert Bildungsniveau
Auch am Wochenende nähmen die Schüler in Sri Lanka oft Privatstunden, um möglichst gute Ergebnisse in den Klassenarbeiten zu erzielen, hat seine Gastmutter Anja Schomburg von ihm erfahren. „Dafür haben die Schüler aus Sri Lanka auch ein sehr hohes Bildungsniveau“, sagt sie anerkennend. „Kisara spricht mehrere Sprachen, kann im Kopf Wurzeln ziehen und ist technisch total versiert. Er hat für uns zum Beispiel Filmmaterial zusammengeschnitten und mit Musik hinterlegt.“ Für sie steht fest: „Diese Bildungselite aus Asien, die macht uns was vor. Davon können wir Europäer uns eine Scheibe abschneiden.“
Wie der Unterricht in Sri Lanka gestaltet wird, davon können sich Anja Schomburgs Sohn Christopher und seine beiden Schwestern ab Ende Juni überzeugen. Dann werden sie zusammen mit anderen Mitschülern drei Wochen lang in Sri Lanka leben und dort auch zur Schule gehen.
Von Gabriele Gerner