Wo in Großburgwedel das geplante neue Krankenhaus dereinst gebaut werden wird, ist noch nicht ausgemacht. Das Areal des einstigen Klinikparks neben dem Altbau an der Fuhrberger Straße sei zu eng für einen an moderner Funktionalität ausgerichteten Neubau, erklärte Steffen Ellerhoff, Sprecher des Klinikums Region Hannover (KRH), am Mittwoch auf Anfrage. Sinn mache ein Standort an anderer Stelle von Großburgwedel außerdem, um Patienten und Personal jahrelangen Baulärm zu ersparen. Stadt und Klinikum prüfen zurzeit die Anforderungen an mögliche Flächen.
ZT: Mehrbedarf muss „im Betrieb“ nachgewiesen werden
Das KRH geht aktuell von einem Bedarf von rund 20.000 Quadratmetern aus. Einstweilen hat die Standortsuche aber keine Priorität, solange es vom niedersächsischen Sozialministerium keine formale Bestätigung für das Projekt „Klinikum Ost“ gibt, das für die KRH-Häuser in Großburgwedel, Lehrte und Laatzen neue Versorgungsschwerpunkte sowie Bau-Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe vorsieht. Vielmehr muss nachgesteuert werden, wie die Geschäftsführung dem KRH-Aufsichtsrat in der vergangenen Woche mitteilen musste. Von dem Gremium ließ sie sich für die fällige Modifizierung der Anträge ermächtigen.
Warum das nötig ist? Circa ein Jahr, nachdem eine Bauförderung beantragt wurde, hat der Krankenhausplanungsausschuss des Landes dem KRH verdeutlicht, dass es kein grünes Licht geben werde für den „veränderten Versorgungsbedarf“, der den Plänen zugrunde liegt. Einen „prospektiven“ Mehrbedarf von 84 Betten im Jahr 2030 hatte das KRH hochgerechnet aus der demographischen sowie der Entwicklung der Patientenzahlen im Osten der Region und dabei auch einen wachsenden Bedarf an spezialisierten Angeboten wie Herzkatheter unterstellt. Doch solche vorausschauenden Berechnungen verfangen offenbar nicht: Der Bedarf müsse „im Betrieb“ nachgewiesen werden, das ist laut Ellerhoff die Position des Krankenhausplanungsausschusses, der das Ministerium berät und in dem außer der Krankenhausgesellschaft des Landes unter anderem auch die Kostenträger vertreten sind.
ZT: KRH: Schwerpunktbildung bleibt richtig
Ist das nun ein herber Rückschlag für die Baupläne? Infrage gestellt sei das Projekt „Klinikum Ost“ nicht. „Das Entscheidende ist, dass unser Grundziel der Schwerpunktbildung richtig ist und erhalten bleibt“, kehrt Matthias Bracht, Geschäftsführer Medizin beim KRH, auf Anfrage das Positive heraus. Aber muss jetzt nicht der bislang auf 378 Betten ausgelegte Neubau für Großburgwedel – kalkulierte Kosten: 135 Millionen Euro – eingedampft werden? Die Herausforderung bestehe darin, vorbereitet zu sein auf qualitative und quantitative Entwicklungen, so Bracht sinngemäß, sprich: Entweder müsse von vornherein etwas größer oder aber modular gebaut werden. „Auf jeden Fall werden wir aus den Rahmenbedingungen das Beste machen für eine zukunftsfähige Versorgung der Region.“
Immerhin deutet die KRH-Geschäftsführung die Signale so, dass das standort-übergreifende medizinische Konzept „Klinikum Ost“ selbst, das es in Niedersachsen bisher so nicht gibt, genehmigungsfähig ist: Die KRH-Häuser Großburgwedel, Lehrte und Laatzen sollen zu einer Klinik mit drei Standorten verschmelzen, von denen jeder zusätzlich zur Grund- und Regelversorgung samt Notfallmedizin eigene Schwerpunkte ausbildet. Um dafür möglichst bis zum Frühsommer einen neuen Antrag stellen zu können, müssen die KRH-Planer jetzt flugs das Raum- und Funktionsprogramm für den Neubau in Großburgwedel anpassen.
In der Hoffnung, dass sich der Planungsausschuss zügig mit den Anträgen befasst, „rechnen wir damit, dass wir 2018 eine Entscheidung kriegen“, so gibt Ellerhoff die Erwartungshaltung der KRH-Spitze wieder. Erst, wenn bekannt ist, ob und in welcher Höhe das Land das Projekt fördert und die Regionsversammlung sich anschließend zu ihrem eigenen finanziellen Part bekannt haben wird, kann es in die Umsetzung gehen. Rund acht Jahre gelten dafür als realistisch.
Schlaganfallbetten für Großburgwedel möglichst noch 2018
So lange kann aus Sicht des Klinikums die Schwerpunktbildung nicht warten, wie auch die politischen Forderungen der letzten Tage verdeutlichen. Erst am Dienstag hatte die CDU-Regionsfraktion vor dem Hintergrund der wegen Grippe überfüllten hannoverschen Kliniken mehr Schlaganfallbetten gefordert - sogenannte Stroke Units. In Großburgwedel hat das KRH dafür 2017 bereits die Voraussetzung geschaffen mit der Einrichtung einer Intermediate-Care-Station, die mit der gleichen Technik fürs Monitoring der Vitalfunktionen ausgestattet ist wie eine Intensivstation. Die Ausstattung für Stroke Units seien bereits in der Beschaffung und würden möglichst in diesem Jahr in Betrieb genommen, kündigt Ellerhoff an. „Durch unser teleneurologisches Konzept kriegen wir eine 24-Stunden-Versorgung hin.“ Auch ein Herzkatheter-Labor für die Intervention bei Herzinfarkten wolle das KRH deutlich vor dem Neubau nach Großburgwedel holen.
Beides sind Vorgriffe auf die spätere Struktur des geplanten Klinikums Ost, nach dem Großburgwedel zusätzlich zu den vorhandenen Schwerpunkten wie Urologie und Gynäkologie künftig den Schwerpunkt Herzkatheter und Schlaganfall bekommen soll. Lehrte soll unter Einbeziehung der Geriatrie in Langenhagen für 17 Millionen Euro zum Zentrum für Altersmedizin ausgebaut werden, während sich im Laatzener Agnes-Karll-Klinikum das Endoprothetikzentrum weiter gefördert werden soll.
Von Martin Lauber