Corona: Burgdorfer Bestatter Volkmann will als systemrelevant gelten

Nach zwölf Monaten Pandemie-Erfahrung gelten Bestatter in Niedersachsen noch immer nicht als systemrelevant. Bestatter Thorsten Volkmann hält das für vollkommen unverständlich. Als ein Beispiel nennt er die geplante Osterruhe, die inzwischen allerdings vom Tisch ist. „Wir hätten als nicht systemrelevante Berufsgruppe nicht arbeiten dürfen“, sagt Volkmann und beschreibt, wie sich die Osterruhe ausgewirkt hätte: „Wenn ich am Gründonnerstag gebeten worden wäre, mich um einen Todesfall zu kümmern, hätte ich die Angehörigen auf den nächsten Dienstag vertrösten müssen. Das wäre eine völlig untragbare Situation gewesen. In meinem Beruf geht es um Pietät und Würde“, betont Volkmann. Bestatter tragen Infektionsrisiko: Stephan Neuser, Generalsekretär des Bundesverbandes Deutscher Bestatter, kämpft für die Anerkennung des Berufes als systemrelevant. Bestatter hätten viele Kontakte zu Trauernden. Sie seien in Pflegeheimen, Krankenhäusern und Hospizen tätig und damit einem großen Infektionsrisiko ausgesetzt. Die Anerkennung der Systemrelevanz würde die Beschaffung von Schutzkleidung und Desinfektionsmitteln erleichtern, sagt Neuser. Die Berufsgruppe könnte sich außerdem mit höherer Priorität impfen lassen. Thorsten Volkmann hat bisher 30 Covid-19-Verstorbene bestattet. „Wir sind den Umgang mit Menschen, die auch nach dem Tod infektiös sein können, gewohnt und schützen uns entsprechend“, sagt Volkmann. Seine Arbeit sei in der Pandemie aber nicht nur wegen der vermehrten Schutzmaßnahmen schwieriger geworden. Trauernde fühlen sich allein: Für das Trauergespräch, die erste Phase der Trauerbewältigung, ist es laut Volkmann wichtig, möglichst viele Angehörige einzubinden. In seinem Beratungsraum dürften sich aber zurzeit nur zwei Familienmitglieder und der Bestatter aufhalten. Viele Gespräche würden telefonisch, per WhatsApp, Zoom und über andere Kanäle geführt. Trauernde müssten jetzt außerdem entscheiden, wer zur Beerdigung kommen dürfe. Die Wahl fiele immer wieder auf den engsten Familienkreis, um Konflikten aus dem Weg zu gehen. „Ich hätte nie gedacht, dass der Trost durch körperliche Nähe, der Gesang als befreiendes Ritual und das anschließende Beisammensein nach der Beerdigung so fehlen würden“, sagt Volkmann. Das Ganze sei eine trauerpsychologische Katastrophe. Lesen Sie auch: Livestream und Chat-Seelsorge: So laufen Beerdigungen in Corona-Zeiten Bestattungsvorsorge nimmt zu: Auch das Organisatorische, wie zum Beispiel Behördengänge, seien laut Volkmann komplizierter geworden – wegen der schlechteren Erreichbarkeit der zuständigen Mitarbeiter. Für die Friedhofskapellen gebe es strenge Hygienekonzepte. Nur auf ausdrücklichen Wunsch würden Videos von Trauerfeiern aufgenommen für Verwandte, die nicht dabei sein könnten. Der gesellschaftliche Umgang mit Trauer werde sich langfristig nicht ändern, meint Volkmann. Durch die Pandemie sei der Tod aber mehr ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Der Wunsch, die eigene Beerdigung rechtzeitig zu planen und finanziell abzusichern, um die Angehörigen zu entlasten, liege in Burgdorf derzeit im Trend. „Ich führe zurzeit drei bis vier Bestattungsvorsorgegespräche pro Woche“, sagt Volkmann. Von Sybille Heine