Burgdorf: Klimaschutzpolitik entzweit Mehrheitsgruppe im Rat

In der Mehrheitsgruppe des Rates gibt es Krach: Noch Ende Januar gab es im Umweltausschuss des Rates eine überwältigende Mehrheit für den Vorstoß der Grünen, alle politischen Entscheidungen fortan unter einen Klimaschutzvorbehalt zu stellen. Dann scherten ausgerechnet die eigenen Gruppenpartner WGS und Freie Burgdorfer mit Änderungswünschen aus und taten sich mit der CDU/FDP-Gruppe zusammen. Das könnte die Mehrheitsgruppe jetzt platzen lassen. Weil sich die Grünen auf Änderungen nicht einließen, gab es im Rat plötzlich keine Mehrheit mehr für das grüne Herzensprojekt. Die Grünen sind darüber so verärgert, dass sie auf ihrer Internetseite den Gruppenpartnern öffentlich vorwerfen, sie hätten „das Vertrauen für eine weitere Zusammenarbeit zerstört“. Ob es das war mit der von der SPD geführten Mehrheitsgruppe, oder ob das Zerwürfnis noch zu kitten sein wird, wollen SPD, Grüne, WGS und Freie Burgdorfer bei einem Krisentreffen am Mittwoch besprechen. Grüne sprechen von Klimaschutzverhinderung: Auf der Homepage der Partei gehen Ratsfraktion und Vorstand der Grünen hart ins Gericht mit dem aus ihrer Sicht klimafeindlichen Sinneswandel, den sie den Gruppenpartnern und der CDU beim Klimaschutz vorwerfen. Diese hätten nachträglich „Klimaschutzverhinderungsanträge“ gestellt – WGS und Freie Burgdorfer zur Wärmegewinnung in Baugebieten, die CDU zur Elektromobilität. Einer Aufweichung des vom Fachausschuss mit breiter Mehrheit empfohlenen Klimaschutzpakets hätten die Grünen aber nicht zustimmen können. Tatsächlich hatte die CDU im Umweltausschuss den Antrag der Grünen, Klimaschutz zur kommunalen Aufgabe zu erklären, noch uneingeschränkt befürwortet. Auch Bürgermeister Armin Pollehn (CDU) hatte für mehr Klimaschutz geworben. WGS-Vorsitzender Volkard Kaever hatte zwar Bedenken geäußert, weil er die Wärmegewinnung in Neubaugebieten nicht auf regenerative Energieträger beschränkt wissen wollte, enthielt sich aber der Stimme. Lesen Sie auch Das wollten die Grünen beim Klimaschutz erreichen Erst hinter verschlossenen Türen im stets nicht öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss, wie die Grünen nun auf ihrer Internetseite öffentlich machen, soll die CDU ihre Änderungswünsche zur Elektromobilität vorgebracht haben. WGS und Freie Burgdorfer hätten dort zunächst signalisiert, sich weiter enthalten zu wollen, um drei Wochen später einen Änderungsantrag einzubringen. Schließlich seien sich CDU und WGS mit ihrer Kritik an klimaneutralen Baugebieten einig gewesen: „Freie Burgdorfer und WGS haben sich der CDU bei einem für uns Grüne zentralen Politikfeld – der Bekämpfung der Klimakrise – als Mehrheitsbeschaffer angedient.“ Der Umgang der CDU/FDP-Ratsgruppe sowie von WGS und Freien Burgdorfern sei „beschämend und kein Beitrag zum Klimaschutz“, wettern die Grünen. Gerald Hinz (SPD), Sprecher der Mehrheitsgruppe, will am Mittwoch moderieren. Die Situation sei schwierig. „Wir müssen gucken, ob der Scherbenhaufen noch zu kitten ist“, sagt Hinz. Die SPD hatte das Anliegen der Grünen bis zuletzt unterstützt. Dass WGS und Freie Burgdorfer damit Probleme hatten, sei für ihn nicht erkennbar gewesen, weil monatelang niemand Gesprächsbedarf angemeldet habe. Sollten die Grünen der Mehrheitsgruppe jetzt den Rücken kehren, müsse man fortan mit wechselnden Mehrheiten im Rat arbeiten. Bürgermeister schaltet Kommunalaufsicht ein: WGS-Chef Kaever will erst abwarten, was die Grünen am Mittwoch vorbringen. Er wie Rüdiger Nijenhof, Fraktionsvorsitzender der Freien Burgdorfer, sind der Auffassung, dass alles korrekt gelaufen sei. Laut Kaever ist in der Gruppe die Abstimmung freigegeben gewesen. Nijenhof bemerkt, es habe sich ja nicht um einen Gruppenantrag gehandelt, deshalb könne auch von einem Ausscheren keine Rede sein. Die Veröffentlichung der Grünen auf ihrer Parteiseite könnte ein Nachspiel haben, weil dort vertrauliche Informationen über den Verlauf der Verwaltungsausschusssitzungen öffentlich gemacht worden sind. Ratsherr Mirco Zschoch (CDU) hat denn auch prompt Bürgermeister Pollehn aufgefordert, aktiv zu werden. „Derzeit wird noch rechtlich geklärt, ob es sich bei der Vorgehensweise der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen um einen Verstoß gegen das Verschwiegenheitsgebot handelt. Die Kommunalaufsicht wurde bereits eingeschaltet“, teilt Pollehn auf Nachfrage mit. Von Joachim Dege