Amtsgericht Burgdorf: Scheidung ist online möglich

Die Corona-Pandemie treibt die Digitalisierung auch in den Amtsstuben der Behörden voran. Wie das Amtsgericht Burgdorf bestätigt, sprechen Richter dort neuerdings auch schon mal online recht – in Zivilverfahren. Auch Scheidungen hat es schon im digitalen Verfahren gegeben. Voraussetzung dafür ist, dass trennungswillige Eheleute und deren Anwälte dazu bereit sind und über die notwendige technische Ausrüstung verfügen. Möglich macht es Paragraf 128a der Zivilprozessordnung: „Das Gericht kann den Parteien, ihren Bevollmächtigten und Beiständen auf Antrag oder von Amts wegen gestatten, sich während einer mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Die Verhandlung wird zeitgleich in Bild und Ton an diesen Ort und in das Sitzungszimmer übertragen.“ Amtsgericht rüstet für Onlineverhandlungen auf: Laut Amtsgerichtsdirektor Andreas Henze hat das kleine, für Burgdorf und Uetze zuständige Gericht am Spittaplatz seit Ausbruch der Pandemie im vergangenen Frühjahr bereits mehrmals von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Er selbst habe ein Zivilverfahren, für das ein Anwalt extra aus Stuttgart hätte anreisen müssen, online entschieden. Das werde zunehmen und sei auch „perspektivisch wünschenswert“, sagt der Richter. Im Mai, so hofft Henze, werde der Strafgerichtssaal 25 im zweiten Stockwerk mit zeitgemäßer Videotechnik, also mit zwei großen Bildschirmen und einer Kamera, ausgestattet. Danach könnten er und seine Kollegen dort häufiger einmal und vor allem komfortabler als bislang Zivilverfahren im Onlinemodus verhandeln. Henzes Richterkollegin Annette Schmidt, zu deren Aufgaben Familiensachen gehören, hat bereits mehrmals Ehen online geschieden. Zweimal schon war der Burgdorfer Rechtsanwalt Thomas Czeczak mit seinen Mandanten mit von der Partie. Das gehe freilich nur, „wenn sich die Eheleute einig sind und vor Gericht nicht noch streiten“, sagt der Anwalt, der seit 1993 in Burgdorf mit seinem Partner Carsten N. Wilkens eine eigene Kanzlei führt. Während Onlinescheidungen längst Realität sind, sind Trauungen vorm Bildschirm nach Auskunft der Stadt Burgdorf weiterhin unzulässig. Eheschließungen müssten nach wie vor „in den Diensträumen des Standesamts stattfinden“, teilt Stadtsprecherin Alexandra Veith mit. Es sei zwar möglich, Eheschließungen auch in anderen würdigen Räumlichkeiten vorzunehmen. Ausgenommen davon seien aber virtuelle Räume. So habe die Stadt in Otze im vergangenen Corona-Jahr 31 Eheschließungen unter freiem Himmel mit bis zu 20 Gästen ermöglicht. Ansonsten seien Trauungen unter Pandemiebedingungen zurzeit von Beschränkungen geprägt. Seit März vergangenen Jahres dürften nur noch das Brautpaar und maximal sechs weitere Menschen – Trauzeugen und Gäste mit Mund-Nasen-Schutz – ins Trauzimmer. Im verschärften Lockdown mit seinen strengeren Kontaktbeschränkungen dürfe sogar nur noch das Brautpaar vor den mit einer Plexiglasscheibe geschützten Standesbeamten treten. Dem Wunsch, den Bund fürs Leben einzugehen, scheint das nicht abträglich zu sein. Mit 122 Trauungen registrierte die Stadt im vergangenen Jahr genauso viele Trauungen wie beispielsweise im Jahr 2018. Und im Januar dieses Jahres waren es schon acht – mehr als in jedem anderen Januar der vergangenen sechs Jahre. Veith weist aber auch darauf hin, dass das Land Niedersachsen seine Bürger darum bittet, in den kommenden Wochen nach Möglichkeit aufs Heiraten zu verzichten. Seine Rolle als Anwalt auf dem Land vergleicht Czeczak mit der eines Hausarztes: „Meine Kanzlei macht das Übliche, also Familienrecht, Verkehrsrecht, Mietrecht, Arbeitsrecht und Strafrecht, sofern es sich nicht um Mord und Totschlag handelt.“ Auch Scheidungen gehörten zum Geschäft. Bei einvernehmlichen Scheidungen, die für eine Onlineverhandlung infrage kommen, haben laut Czeczak die Parteien ihre Angelegenheiten schon im Vorfeld mit einer notariell beglaubigten Scheidungsfolgenvereinbarung geregelt. Kurzum: Die wesentlichen Formalitäten sind erledigt. In der Regel träfen drei Kriterien zu: Die Eheleute seien meist nur kurze Zeit verheirateten gewesen, hätten in der Regel keine Kinder und kein gemeinsames Vermögen aufgebaut. Onlinescheidung funktioniert mit Skype Business: Eine erfahrene Richterin wie Schmidt erkennt so etwas. Sie schreibt dann die Parteien und die Anwälte an und lotet deren Bereitschaft und technische Möglichkeiten zur Verhandlung vor den Bildschirmen aus, wo es dann mithilfe des vom Amtsgericht genutzten Programms Skype Business nur noch um die Feststellung des Versorgungsausgleichs und das Verkünden des Scheidungsbeschlusses im Namen des Volkes geht. „So eine Scheidung ist deutlich kürzer als eine Hochzeit“, versichert Czeczak, der es als Rechtsbeistand zweimal miterlebte: einmal im Corona-Sommer 2020 und dann noch einmal kurz vor Weihnachten. Von Joachim Dege