26113. Als der kanadische Hobby-Astronom Scott Tilley diese Zahlenfolge am 20. Januar auf dem Bildschirm liest, ahnt er, dass er da draußen im All auf etwas Außergewöhnliches gestoßen war.
Seit einer Woche sucht er mit seinem Radioscanner nach Signalen eines Geheimsatelliten – „Zuma“. Zum Jahresbeginn hatten die US-Regierung und das Rüstungsunternehmen Northrop Grumman diesen mit einer nicht näher spezifizierte Fracht in den erdnahen Orbit geschickt. Das private Raumfahrt-Unternehmen SpaceX des Tesla-Gründers Elon Musk übernahm den Transport. Ob die Mission erfolgreich war, darüber hüllen sich die Auftrageber in Schweigen. Gerüchte über ein Scheitern verbreiteten sich dagegen schnell auf der ganzen Welt. Seitdem suchen auch Hobby-Astronomen wie Tilley nach Hinweisen auf den Verbleib und die möglichen Ziele von „Zuma“.
„Image“ lebt
Bei der Auswertung seiner Scans im Kurzwellen-Bereich fällt Tilley eine auffällige Kurve auf. Ihr Verlauf deutet auf einen geostationären Satelliten hin. „Ich begann sofort damit, die Quelle genauer zu identifizieren“, schreibt er auf seinem Blog „Riddles in the Sky“ („Rätsel am Himmel“). Mithilfe der frei verfügbaren Analyse-Software „sat tools rf“ entdeckt er einen Code in dem Datenwirrwarr. 26113. Die Zahl verweist auf einen Eintrag im Satelliten-Katalog SCN/NORAD. Was Tilley vor sich sieht, ist das erste Lebenszeichen eines verschollenen Nasa-Satelliten namens „Image“. Zuletzt hatte der im Jahr 2000 gestartete Forschungssatellit 2005 zur Erde gefunkt. Das Forscherteam und die Nasa hatten ihn seitdem für tot gehalten. Man ging von einem Fehler in der Energieversorgung aus. Nun wieder ein Lebenszeichen.
Der Zombie-Satellit
„Nasa’s tot geglaubter ‚Image’ lebt!“, postet Tilley wenig später seinen Blog, auf dem er seither alle neuen Erkenntnisse über sein Fundstück teilt. Zwar hat er nicht den mysteriösen US-Geheimsatelliten aufgespürt, aber immerhin einen „Zombie-Satelliten“, wie der Wiedergänger inzwischen von einigen Medien betitelt wird.
Patricia Reiff, eine Expertin der Rice Universität in Houston für Weltraum-Plasma und Mitarbeiterin im „Image“-Forschungsteam bestätigt die Entdeckung gegenüber dem Wissenschaftsmagazin „Science“. „Die Chancen stehen sehr gut, dass er lebt“, sagte sie. In den Daten gäbe es möglicherweise weitere Hinweise auf den Status der Bordinstrumente. Seit Tilleys Entdeckung kramen Wissenschaftler alte Software und Akten aus den Schränken ihrer Labore, um die Mission wiederaufzunehmen. „Die Hardware und die Betriebssysteme in dem ehemaligen Missions-Center existieren nicht mehr. Wir werden viel Technik rekonstruieren müssen“, sagt ein Nasa-Sprecher.
Laut „Science“ will die Weltraumbehörde nun versuchen, „Image“ mit ihren Deep-Space-Radioantennen zu erreichen. Auch Forscher der Johns Hopkins Universität in Laurel, Maryland, und der Universität von Kalifornien in Berkeley haben mit der Arbeit begonnen. Aktuell versuchen die Wissenschaftler zu klären, wieso sich die Rotation des Satelliten verlangsamt hat. Dieser Faktor könnte die Kommunikation erschweren. Wieso „Image“ plötzlich wieder funkt, ist noch nicht abschließend geklärt. Möglicherweise führte eine längere automatische Abschaltung nach einer Sonnenfinsternis zum völligen Entleeren der Batterien, worauf der Satellit neu startete.
Auch heute noch nützlich
Der Hobby-Astronom Tilley verfolgt gespannt, was seine Entdeckung in der astronomischen Gemeinschaft ausgelöst hat. „Nach wenigen Tweets habe ich bemerkt, dass auch Leute aufmerksam wurden, die mit diesen Daten weiter arbeiten können“, schrieb er. Inzwischen steht Tilley in Kontakt zu einem ehemaligen Missions-Verantwortlichen. Weltweit versuchen Funk-Amateure nun selbst das Signal aufzufangen. Auch die Nasa meldete sich bei ihm. „Danke für ihre Bemühungen um ‚Image’“, schrieb der Missions-Manager Richard J. Burley. Sollte die Mission wiederaufgenommen werden, könnte „Image“ helfen, die Einflüsse des Sonnenwinds auf die Magnetosphäre zu erforschen.
Von RND/mm