„Die Lage ist dramatisch“

Volker Schmidt zeigte alarmiert: „Unsere Industrie befindet sich in der Rezession. Die Lage ist in Teilen extrem schwierig, um nicht zu sagen dramatisch“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Niedersachsen-Metall bei der Vorstellung des Konjunkturausblicks für das Jahr 2020. Für bedeutende Teile der Metall- und Elektrobranche sehe man derzeit „kein Licht am Ende des Tunnels“. Besonders die Situation in der Autobranche sei angespannt. „Wir befürchten, dass der Schrumpfungsprozess über das Jahr 2020 hinausgehen wird und wir vor einem ausgeprägten Tal stehen, bei dem wir derzeit nicht abschätzen können, wann die Talsohle erreicht ist und wann es wieder aufwärts geht.“ 20 Prozent weniger Autos: Schmidt verwies darauf, dass im vergangenen Jahr 20 Prozent weniger Autos in Deutschland produziert worden seien als noch zwei Jahre zuvor: statt 5,7 Millionen Fahrzeuge nur 4,6 Millionen. „Wir sehen deutlich: Die Automobilkrise frisst sich in der Industrie durch.“ Aktuell würden 54 Prozent der befragten Unternehmen der niedersächsischen Metall- und Elektroindustrie ihre Lage als schlecht beurteilen (befriedigend: 31 Prozent; gut: 15), im Maschinenbau 57 Prozent (befriedigend: 28; gut: 15) und in der Autoindustrie sogar 71 Prozent (befriedigend: 29; gut: 0). Mehr als zwei Drittel der Unternehmen aus der Autoindustrie (70 Prozent) verzeichneten zudem eine Verschlechterung der Auftragslage im vierten Quartal 2019, knapp zwei Drittel (62 Prozent) rechnen gar mit einer weiteren Verschlechterung der Auftragslage im ersten Quartal 2020. Betriebe senken Investitionen: Das führe dazu, dass 2020 fast vier von fünf Betrieben (78 Prozent) aus der Autoindustrie (mit Zulieferern) ihre Investitionen senken oder ganz streichen würden. Das sei ein „unmittelbarer Reflex auf Nachfrageeinbruch und Strukturbrüche in der Autoindustrie“. Die Unternehmen würden damit rechnen, dass auch die Beschäftigung weiter zurückgehe – also Stellen abgebaut werden. Zudem sei innerhalb der vergangenen zwei Monate die Zahl der Betriebe in der Metall- und Elektrobranche, die im nächsten Halbjahr Kurzarbeit planen, von 25 auf 38 Prozent gesunken, so Schmidt. Zahlreiche Unternehmen würden angesichts der Unsicherheiten und unklaren Zukunftsaussichten den Weg „der Entlassung von Mitarbeitern“ gehen. „Über 60 Prozent der Betriebe im Autobereich planen einen Personalabbau in diesem Jahr“, so Schmidt. Forderungen an die Politik: Die Unternehmen fühlten sich in dieser Situation zunehmend allein gelassen von der Politik. „Wir erleben die Erosion des Vertrauens in die Politik“, erläuterte der Verbandsvertreter. Die Fahrlässigkeit, mit der die Politik „Roulette mit der Branche“ spiele, sei erschreckend. Schmidt forderte nun ein Gegenlenken: So sollen die Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld in Anlehnung an die Krise 2009 wieder in Kraft gesetzt werden. Um die Liquidität der Unternehmen zu erhöhen, sei unter anderem eine vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlags sinnvoll. Von INKEN HÄGERMANN

Konjunkturumfrage - „Die Lage ist dramatisch“