Er wies darauf hin, dass heute bei einer Truppenstärke von rund 250.000 Soldaten nur 7000 gleichzeitig im Einsatz sein können. Diese Zahl will Guttenberg deutlich erhöhen.
Die vom Verteidigungsminister vorgeschlagene Reform sieht eine Verkleinerung der Bundeswehr um etwa ein Drittel sowie die Aussetzung der Wehrpflicht und vor. Die Bundesregierung hat sich aber noch nicht festgelegt. Besonders innerhalb der Union gibt es deutlichen Widerstand gegen Guttenbergs Pläne.
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen hält die Wehrpflicht „auch unter sich verändernden Vorzeichen prinzipiell für richtig“, wie er nach einem vorab verbreitetem Redemanuskript bei der Marine in Plön sagte. Die Bundeswehr sei ein integraler Bestandteil der Gesellschaft. Das sei angesichts der schlimmen deutschen Erfahrungen mit dem Militarismus ein großer Verdienst der Wehrpflicht. „Diese Errungenschaft dürfen wir nicht leichtfertig opfern“, betonte Carstensen.
Der niedersächsische CDU-Landtagsfraktionschef Björn Thümler sagte, die Wehrpflicht gehöre zum Markenkern der CDU. Auch Ministerpräsident David McAllister sieht ein Aussetzen der Wehrpflicht kritisch. Landesinnenminister Uwe Schünemann (CDU) hat eine Heimatschutzpflicht vorgeschlagen und über dieses Konzept nach dpa-Informationen bereits mit dem Verteidigungsminister gesprochen. Es sieht vor, junge Männer weiter einzuziehen. Nach der Grundausbildung könnten sie dann wählen, ob sie bei der Armee oder einer Katastrophenschutzorganisation Dienst leisten.
FDP-Generalsekretär Christian Lindner monierte: „Gedankenspiele über eine allgemeine Dienstpflicht können in der Koalition beendet werden. Die FDP steht dafür nicht zur Verfügung.“ Zwar habe ein Dienst an der Gemeinschaft „ohne Frage einen positiven Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen“. Eine Verpflichtung sei aber nicht verhältnismäßig.
DGB-Chef Michael Sommer warnte vor einer Schwächung der Demokratie, wenn die Wehrpflicht ausgesetzt würde. „Nach den Erfahrungen von zwei Weltkriegen brauchen wir eine Armee, die in der Gesellschaft verankert ist“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“ (Montag). Sommer warnte auch vor der Abschaffung des Zivildienstes. Soziale Einrichtungen könnten dazu übergehen, als Ersatz massiv Ein- Euro-Kräfte einzusetzen und so das Hartz-IV-System zu missbrauchen.
Guttenberg hält an seinem Vorschlag einer Wehrdienst-Aussetzung fest: „Wenn heute jeder sagen kann: Wenn ich nicht zum Bund will, gehe ich da auch nicht hin, dann haben wir de facto schon jetzt eine Freiwilligen-Armee“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Viele wissen gar nicht, dass nur rund 13 bis 16 Prozent eines Jahrgangs zum Wehrdienst noch herangezogen werden“, fügte er hinzu. Klagen gegen die Wehrpflicht hätten beste Chancen auf Erfolg. „Deshalb hat die Politik die Pflicht, zu gestalten statt sich diese Umgestaltung von Gerichten vorgeben zu lassen.“
Befürchtungen, die Armee könnte sich aus der Fläche zurückziehen, entgegnete der Minister in der Zeitung: „Die Entscheidungen über die Standorte fallen nicht vor Mitte nächsten Jahres. Aber ich kann heute schon sagen: Es wird keinen Kahlschlag geben.“ Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus warnte davor, die Bundeswehrstandorte zusammenzustreichen. „Die Bundeswehr muss in der Fläche sichtbar vertreten bleiben“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. „Mein Rat wäre, Standorte zu verkleinern, ohne sie völlig aufzugeben.“
Nach Ansicht des Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, Hans Heinrich Driftmann, ist die Bundeswehr ein „Sanierungsfall“. „Der Tanker Bundeswehr ist zu schwerfällig. Er muss schlanker und effizienter werden“, sagte er dem „Focus“. Der Vize-Vorsitzende der Expertenkommission zur Reform der Bundeswehr sprach von einer Halbierung des Verteidigungsministeriums. Auch das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung habe mit 8500 Mitarbeitern zehnmal mehr Personal als eine vergleichbare Einkaufsabteilung in deutschen Großunternehmen.
dpa