Niedersachsens Oppositionsführer Wolfgang Jüttner sieht eine Wende bei den Linken. Er rate der SPD künftig „vor Wahlen keine Koalition mehr auszuschließen“. SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte die Linke in Nordrhein-Westfalen noch vor wenigen Tagen als „völlig regierungsunfähig“ bezeichnet. Anfang Mai sind Landtagswahlen in NRW.
Am Sonnabend hatte der 67-jährige Lafontaine seinen Rückzug aus der Bundespolitik erklärt. Außerdem wolle er beim Parteitag im Mai nicht wieder für den Vorsitz der Linkspartei kandidieren. Dies geschehe „ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen“, sagte der an Krebs erkrankte Lafontaine. Mit Unstimmigkeiten in der Partei habe dies nichts zu tun. Lafontaine hatte sich mit dem bisherigen Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch überworfen. Der Abgang Lafontaines hat in der Linkspartei Betroffenheit ausgelöst. Fraktionschef Gregor Gysi sagte, Lafontaine sei „eine der herausragenden Persönlichkeiten Deutschlands“. Es sei schwierig, das nach seinem Abgang entstandene Vakuum zu füllen. „Und es tut ausgesprochen weh“, fügte Gysi hinzu.
Nach dem Rückzug des Vorsitzenden muss die Führungsspitze der Linkspartei neu zusammengesetzt werden. Auch sein Mit-Vorsitzender Lothar Bisky und Bundesgeschäftsführer Bartsch ziehen sich zurück. Vor der Presse erklärten Lafontaine und Gysi am Sonnabend, die Gremien der Partei sollten nun „zügig einen Vorschlag unterbreiten“. Über Personen wollten sie sich nicht äußern. „Ich nenne keine Namen, nicht mal meinen eigenen“, hatte Gysi hervorgehoben.
Unterdessen schlägt der Linken-Landesvorsitzende in Niedersachsen, Diether Dehm, Gysi als neuen Vorsitzenden vor. „Er wäre in der jetzigen Situation der Richtige. Gysi kann wie kein anderer zwischen Ost und West vermitteln, ebenso zwischen dem gemäßigten und radikalen Flügel der Partei“, sagte Dehm. In Kreisen der Linken wird noch über ein anderes Modell diskutiert, nämlich eine Doppelspitze aus dem früheren Vorsitzenden der WASG, Klaus Ernst, und der Ost-Berliner Bundestagsabgeordneten Gesine Lötzsch. Gegen beide wird parteiintern aber eingewandt, dass sie wegen ihrer mangelnden Bekanntheit nicht die nötige Autorität zeigen könnten. Unterdessen werben mehrere jüngere Politiker von Linkspartei, SPD und Grünen in einem Positionspapier für eine verstärkte Zusammenarbeit – darunter auch der hannoversche Grünen-Politiker Sven Kindler.