Niedersachsen plant nächtliche Ausgangssperre bei hoher Inzidenz

Niedersachsens Infektionsgeschehen bereitet der Landesregierung Sorge. Die Dynamik im Anstieg der Neuinfektionen ist noch nicht gebrochen. Nachdem Angela Merkel den Stopp der Osterruhe verkündet hat, versucht das Kabinett von Stephan Weil (SPD) nun, eigene Lösungen für die Lage zu finden. Konkret plant die Regierung, in Hochinzidenzregionen nächtliche Ausgangssperren einzuführen. In Landkreise und großen Städten mit mehr als 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen soll die Sperre eine Möglichkeit sein, die Pandemie besser einzudämmen. Die Einführung ist freiwillig. Verpflichtend wird die Regelung allerdings, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz bei 150 liegt, sagte der Chef der Staatskanzlei Jörg Mielke am Donnerstag in Hannover. Die Ausgangssperre müsse aber nicht im gesamten Kreisgebiet verhängt werden, wenn es Gemeinden mit niedrigen Inzidenzen gibt. Das Land konkretisiert damit die Notbremse, auf die sich Bund und Länder bereits Anfang März verständigt hatten. Kommt Ausgangssperre in der Region? Für die Region Hannover, in der der Inzidenzwert am Donnerstag bei 120,8 lag, bliebe die Regel demnach also freiwillig. Sollte sie sich zu einer Ausgangssperre entscheiden, dürften die Menschen in Ronnenberg (185,2), Seelze (190,6) und Uetze (150,7), Gehrden (251,1), Garbsen (156,1) und Lehrte (173,2) in der Zeit der Ausgangssperre die Wohnung nicht verlassen. Die Region wollte sich am Donnerstag noch nicht dazu äußern. Sprecher Christoph Borschel verwies gegenüber der NP darauf, dass man auf die Landesverordnung warte. Ein Entwurf sollte eigentlich am Donnerstagnachmittag in die Abstimmung gegeben werden – dies wurde nun auf Freitag verschoben. Offenbar liegt das auch daran, dass die Landesregierung eigentlich davon ausgegangen war, dass der Bund die Vorarbeit leistete. Dass Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch den verschärften Osterlockdown zurückgenommen hatte, führte in Niedersachsen dazu, dass die Regierung selbstständig verschärfende Regeln aufstellen will. Ministerpräsident Weil hatte bereits am Mittwoch angekündigt: „Wir werden die Dinge nicht einfach laufen lassen können.“ Deswegen erwägt die Landesregierung auch eine verschärfte Maskenpflicht in Autos, wenn Menschen aus verschiedenen Haushalten darin sitzen. Zudem sollen über die Feiertage auch unter Einhaltung von Abständen Personenansammlungen im Freien verboten werden. So will die Regierung informelle Feiern unterbinden. „Mit einer hohen Wahrscheinlichkeit wird das so kommen“, sagte Jörg Mielke zu den Verschärfungen. Zu möglichen Restriktionen bei Tagesausflügen über Ostern, die ebenfalls zur Diskussion stehen, äußerte er sich zunächst nicht. Derweil steigt die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Niedersachsen weiter an: Am Donnerstag lag die Inzidenz im Land bei 102,5 – am Vortag zählten die Behörden noch 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche. 1802 Neuinfektionen und 27 weitere Todesfälle wurden registriert. Öffnungen mit Hilfe der Luca-App: Gleichzeitig konkretisieren sich die Pläne des Landes zu den Modellprojekten zur Öffnung von Handel, Kultur und Außengastronomie. Gekoppelt an Schnelltests und unter Nutzung der Luca-App zur Kontaktnachverfolgung können sie voraussichtlich am 6. April starten. Gemeinsam mit Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und dem Saarland verhandele das Land über die Anwendung der App, sagte die stellvertretende Leiterin des Corona-Krisenstabs der Landesregierung, Claudia Schröder. Verträge zur Nutzung der App sollten noch in dieser Woche abgeschlossen sein. Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Baden-Württemberg nutzen die Luca-App bereits. Die Modellprojekte sollen neben dem Einzelhandel die Außengastronomie, Kultureinrichtungen einschließlich Theatern und Kinos sowie Fitnessstudios beinhalten, erklärte der Chef der Staatskanzlei, Jörg Mielke. Die Projekte sollen zunächst drei Wochen laufen. Über die Auswahl der Kommunen, die bereits in großer Zahl Interesse angemeldet haben, solle bis Samstag entschieden sein. Nach NP-Informationen gab es am Donnerstag gerade bei diesem Punkt unterschiedliche Ansichten innerhalb der GroKo. Offenbar besteht Uneinigkeit darüber, wie viele Kommunen als Modellprojekte zugelassen werden sollen. Zudem bereite die steigende Infektionszahl der Landesregierung Sorge – derzeit ist unklar, ob die Inzidenzwerte über Ostern nicht weiter massiv in die Höhe schnellen. Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) machte gegenüber der NP deutlich: „Wir sollten ausreichend vielen Kommunen, die ein gutes, sicheres Konzept haben, die Teilnahme als Modellprojekt ermöglichen.“ Allerdings werde dies nicht gleich zu Anfang gelingen. Bis Donnerstag hatten 20 Kommunen eigene Vorschläge im Wirtschaftsministerium eingereicht. Mit Blick auf die Zeit nach Ostern betonte Bernd Althusmann: „Ich setze große Hoffnungen in den Einstieg der Hausärzte in die Impfkampagne nach Ostern. Impfungen sind der Schlüssel zur Überwindung der Pandemie, da sollten wir also einen großen Schritt machen. Wir sind quasi im gesundheitspolitischen Verteidigungsfall, den wir nur mit einer nationalen Kraftanstrengung gewinnen.“ Hinzu komme der weitere Aufbau der Teststrategie. Von den Grünen gab es für das Regierungshandeln wenig Zuspruch. „Es ist bitter. Inzwischen gewinnt man das Gefühl, die Landesregierung hat aufgegeben, vor die Lage zu kommen“, machte Meta Janssen-Kucz im Gespräch mit der NP deutlich. Es gebe weiterhin keine klaren Konzepte. „Allein die Bürgersteige hochzuklappen, ist keine Option.“ Lesen Sie auch Doch keine Osterruhe: Was bedeutet die Rücknahme für die Region Hannover Chaos um Osterruhe: Das sagen die NP-Leser zu Merkels Entschuldigung Niedersachsen: So geht es mit Schulen und Kitas nach den Osterferien weiter Von Mandy Sarti