Immer mehr Kinder in Niedersachsen benötigten Nachhilfe

Die Schulausfälle und der eingeschränkte Regelbetrieb aufgrund der Corona-Pandemie machen sich auch an Niedersachsens Nachhilfeschulen bemerkbar. Immer mehr Schüler brauchen Hilfe beim Lernen. Beim Studienkreis etwa, der landesweit Nachhilfe anbietet, lag die Nachfrage im Oktober rund 19 Prozent höher als noch vor einem Jahr. Thomas Momotow, Sprecher des Studienkreises, berichtet, dass die Eltern schon nach dem ersten Bildungslockdown im Frühjahr verunsichert gewesen seien, schon in den Sommerferien sei die Nachfrage deutlich gestiegen. „Vorher ging es meistens darum, in der Nachhilfe das Gelernte zu üben und anzuwenden.“ Jetzt kämen wesentlich mehr Schüler, die sich Themen komplett neu erschließen müssten. Eltern verunsichert: Aus Befragungen sei bekannt, dass viele Eltern den Schulen nicht zutrauten, die durch Schulschließungen und Homeschooling entstandenen Lücken in absehbarer Zeit schließen zu können. Eine Beobachtung, die auch eine Grundschullehrerin aus Hannover macht: „In Elterngesprächen spürt man die Verunsicherung. Viele haben Angst, dass die Lerninhalte nicht mehr aufgeholt werden können.“ Dabei sei an ihrer Schule das Gegenteil der Fall. Durch das Homeschooling vor den Sommerferien seien viele Kinder wesentlich weiter im Stoff. Auch Michael Bax, Schulleiter der Leonore-Goldschmidt-Schule in Mühlenberg, hat bisher nicht das Gefühl, dass seine Schüler schlechter werden. Er mache durch das Szenario B, in dem sich seine Schule derzeit befindet, eher gegenteilige Erfahrungen: „Die geteilten Lerngruppen führen dazu, dass die Schülerinnen und Schüler besser betreut werden und sie effektiver lernen.“ Gleichzeitig mahnt er aber auch an, dass der Erfolg des Wechselmodells auch etwas damit zu tun habe, wie sich die Lehrkräfte auf die Schüler einstellen. „Neue Lerninhalte können nur im Präsenzunterricht erschlossen werden, nicht aber alleine zu Hause.“ Kompetenzen statt Inhalte? Mit Blick auf den Lockdown im Frühjahr sagt er auch: „Die weggefallenen Lerninhalte lassen sich so leicht nicht kompensieren.“ Deswegen sei es wichtig mehr auf Kompetenzen zu setzen, statt auf Inhalte. Ein Punkt, bei dem auch Julia Willie Hamburg, Fraktionsvorsitzende der Grünen, ansetzt: „Es ist nicht nur für die Pandemie, sondern generell wesentlich zukunftsorientierter, wenn die Kinder lernen, wie man richtig lernt. So können sie sich später neues Wissen leichter erschließen.“ Die Verunsicherung bei Schülern und Eltern zeige auch, dass es noch Nachholbedarf gebe. „Kultusminister Grant Hendrik Tonne muss genau festlegen, welche Lerninhalte wegen der Pandemie wegfallen. Im Moment läuft es auf eine unfassbare Verdichtung hinaus, die Schüler ungemein stresst.“ Julia Willie Hamburg betont dabei auch, dass hauptsächlich die Eltern ihren Kindern Nachhilfe ermöglichen, die das Geld und das Bewusstsein für Bildung haben. „Erneut werden benachteiligte Kinder vergessen.“ Lesen Sie auch: Niedersachsen: Kritik an Hotspot-Strategie für Schulen Kultusminister Tonne stellt Regeln für Schulen in Corona-Hotspots vor Hannover: Immer mehr Kinder haben Sprachstörungen – erhöht Corona Risiko? Von Mandy Sarti