Neue Corona-Regeln gelten ab Sonntag: Kommunen sollen über Bewegungsradius entscheiden

Das Land Niedersachsen stellt die neue Corona-Verordnung voraussichtlich am Freitagvormittag vor. Gemäß der üblichen Frist von zwei Tagen tritt sie dann am kommenden Sonntag, 10. Januar, in Kraft. Lediglich die Änderungen zur Quarantäneverordnung gelten erst ab Montag, wie Regierungssprecherin Anke Pörksen am Donnerstag mitteilte. Bei der Einschränkung des Bewegungsradius will das Land es den Kommunen offenbar freistellen, ob sie die beim Bund-Länder-Gipfel beschlossene 15-Kilometer-Regel übernehmen oder nicht. Das geht aus einem Entwurf der Verordnung hervor, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. In dem Entwurf heißt es wörtlich: „Die örtlich zuständigen Behörden können (...) den Bewegungsradius jeder Person auf 15 Kilometer um den Wohnort beschränken“, wenn der Sieben-Tage-Wert der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohne r über 200 steigt. Ob mit dem Wohnort die private Adresse oder die Gemeindegrenze gemeint ist, geht aus dem Entwurf nicht hervor. Ab wo wird gemessen? Auch die Region, die demnach in Hannover und im Umland darüber zu entscheiden hätte, konnte am Donnerstag noch keine Antworten geben. Solange die Landesverordnung nicht beschlossen und veröffentlicht ist, werde man sich nicht zu inhaltlichen Details äußern. Das gelte auch für die Auslegungsmöglichkeiten der 15-Kilometer-Regel, wie Regionssprecherin Christina Kreutz auf NP-Nachfrage erklärte. Dabei haben eben diese Auslegungsmöglichkeiten erheblichen Einfluss darauf, wie groß der Radius für jeden einzelnen Bürger tatsächlich ist, sollte der Inzidenzwert in der Region auf über 200 steigen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte nach dem Bund-Länder-Gipfel betont, dass mit Wohnort die Stadt gemeint ist. Für Bewohner der Landeshauptstadt ist das zunächst eine klare Aussage. Aber wie sieht es im Umland aus? Wird für die Egestorfer dann der Radius von Barsinghausen aus gezogen, für die Dedenhausener von Burgdorf? Land hat rechtliche Bedenken: Unklar ist auch, wie genau gemessen wird. Zuletzt hieß es, der Referenzpunkt für den 15-Kilometer-Radius sei die Stadtgrenze und nicht etwa die Mitte. Für Hannover ergäbe daraus eine enorme Fläche, die im Osten bis in den Landkreis Peine und im Süden bis in den Landkreis Hildesheim hineinragt. In Sachsen gilt die Regelung bereits seit Mitte Dezember. Gemessen werden die 15 Kilometer dort aber vom jeweiligen Wohngrundstück aus. Niedersachsen hatte im Vorfeld bereits angekündigt, die Beschränkung der Bewegungsfreiheit in Hotspots nicht ohne Weiteres umsetzen. Nötig sei eine gesonderte Begründung zur Verhältnismäßigkeit, wie sie das Oberverwaltungsgericht bereits bei anderen Einschränkungen angemahnt hat. „Das ist für uns Teil des Prüfprogramms, ob und wann die Regelung zur Anwendung kommt, am liebsten gar nicht“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Keine Hotspots in Niedersachsen: Bleibt es bei dem Entwurf, legt das Land die Anordnung nun in die Hände der Kommunen. Als triftige Gründe, den Radius zu verlassen, gelten laut Verordnung insbesondere Fahrten zur „medizinischen, psychosozialen oder veterinärmedizinischen Behandlung“. Reisen oder tagestouristische Ausflüge fallen hingegen explizit nicht darunter. Aktuell liegt in Niedersachsen keine Region über der kritischen 200er-Marke. Am Donnerstag lag der Wert mit 163,9 im Landkreis Hildesheim am höchsten, in der Region bei lag er bei 138,4. Grüne fordern Ausnahmeregelung für Kinder: In Kraft treten sollen die verschärften Corona-Regeln von Sonntag an. Dann gelten auch schärfere Kontaktbeschränkungen. Statt bisher fünf Personen aus zwei Haushalten, sollen sich private Zusammenkünfte nun auf einen Haushalt mit maximal einer weiteren Person von außen beschränken. Kinder unter 14 Jahren sind davon nicht mehr ausgenommen. Die Grünen im Landtag sehen das kritisch. Laut Fraktionschefin Julia Willie Hamburg werde die „Ein-Freund-Regel“ für kleinere Kinder zur „Kein-Freund-Regel“. „Kinder komplett zu isolieren, ist kinderfeindlich“, kritisierte Hamburg. Familien, die eine Betreuung benötigen, stelle die Beschränkung vor große Probleme, obwohl der Nutzen für den Infektionsschutz zweifelhaft sei. Nach der neuen Kontaktregel könnten beispielsweise zwei Geschwister nicht mehr gemeinsam zu den Großeltern gehen. Auch zwei Väter dürften sich nicht mehr mit ihren jeweiligen Kindern am Spielplatz treffen. Die Grünen fordern daher, dass Geschwister unter zwölf Jahren von der Regelung ausgenommen werden. Lesen Sie auch Niedersachsen: Welche Regelungen im verschärften Lockdown gelten Inzidenz-Werte für Niedersachsen: Wo sind die Corona-Hotspots? Von André Pichiri

Corona Niedersachsen: Regeln gelten ab Sonntag - Kommunen sollen über Bewegungsradius entscheiden