Junge Talent wie Igor Levit fördern

Weltklasse in Serie: Das Institut zur Frühförderung musikalisch Hochbegabter der Musikhochschule (IFF) hat Stars wie Igor Levit hervorgebracht und feiert 20-jähriges Bestehen. IFF-Professor Martin Brauß über Genies, Drill und was in 20 Jahren noch kommen soll. Herr Brauß, wenn man an hochbegabte junge Musiker denkt, denkt man auch automatisch irgendwie an stundenlangen Drill und geraubte Jugend ... Und genau das ist es bei uns nicht. Wir sind kein Internat, Wir wollen junge, begabte Spitzenleute, die bei uns vergleichsweise universal ausgebildet werden – und das passiert über drei Jahre an den Wochenenden. Die Kinder sollen in ihrem sozialen Kontext bleiben. Das Studium richtet sich an junge Menschen zwischen 13 und 16. Warum genau diese Jahre? In diesem Alter kann man schon auf wirklich fortgeschrittene Kompetenzen blicken. Wir haben allerdings auch noch eine Vorklasse, die bis in die Grundschule zurück reicht. Warum braucht überhaupt man ein IFF? Weil Kinder zu uns kommen, die so früh so stark begabt sind, dass sie gar nicht anders können, als um Hilfe nachsuchen, auch nach Leuten,, die sich um sie kümmern. Weil sie für ihre starken Talente einfach gute Nahrung brauchen – in jedem Fall das kontinuierlich. Und das auf dem hohen Niveau dieser Kinder und Jugendlichen. Wie groß ist das IFF? Wie habe 30 Hochbegabte bei uns, und bisher haben 500 absolviert. Ihr erfolgreichster Absolvent ist Igor Levit. So etwas in Serie produzieren, das geht nicht? Nein, ich sage mal ganz offen, Igor Levit ist ein Genie. Das ist eine Klasse für sich. Aber wenn ich mir die Liste der Absolventen so anschaue, sind sie auf herausragenden Positionen tätig, sei es als Professoren, sei es als Solisten oder in großen Orchestern. Wie sieht der typische IFF-Student aus? Den gibt es so nicht. Das sind alles Einzelfälle. Das Besondere bei uns ist, dass man diese Spitzentalente überhaupt in einer Gruppe zusammen bekommt. Wenn man etwas Typisches nennen will, dann ist es vielleicht ihre Fähigkeit, leidenschaftlich zu sein – für ihre Musik. Und sie möchten ihre Freizeit da nutzen, wo sie sich am freiesten fühlen, eben beim stundenlangen Üben. Das mit der geraubten Kindheit stimmt hier einfach nicht. Nun hört man das auch aus China beispielsweise, acht Stunden am Stück üben ... Die Tigermütter wollen wir nicht. Wir haben ein anderes Menschenbild und ein anderes Gesellschaftssystem. Ist man bei Wettbewerben nicht benachteiligt? Wir haben den Eindruck, dass man das ist. Das ist wie beim Sport, weil die Trainingsstunden einfach andere sind. Wir setzten auf Geduld und Langfristigkeit – wenn wir die Leidenschaft weiter fördern, dann werden sich entsprechende Erfolge einstellen. Wo steht das IFF heute? Alle Hochschulen haben Ähnliches versucht. Wir stehen als damalige Pioniere immer noch gut da – wir haben Kinder, wir haben Personal, in Deutschland sind wir vorne. Was wünschen Sie sich zum 20. Geburtstag? Das wir in 20 Jahren so gut dastehen wie jetzt – mit einer Perspektive dann für die nächsten 20. Und dass die begabten Kinder und guten Lehrer nicht ausgehen – und uns die Gesellschaft weiterhin wertschätzt. Meisterkurse mit Igor Levit: Und so wird das Jubiläum des IFF gefeiert: Am 7. März (11 bis 13 und 15 bis 17 Uhr) und am 8. März (13 bis 15 Uhr) gibt es dort einen öffentlichen Meisterkurs: Professor Igor Levit unterrichtet junge Pianisten im Alter zwischen zehn und 18 Jahren. Der Eintritt ist frei, vor Beginn der Veranstaltung werden Zählkarten ausgegeben. Am 20. Mai, 11 Uhr, spricht Joana Mallwitz bei einer Podiumsdiskussion in der Hochschule über „Dirigieren und Dirigierausbildung heute“. Beim großen Festkonzert am 23. September, 20 Uhr, im Funkhaus am Maschsee sind zunächst Schüler des Instituts als Solisten mit der Kammerphilharmonie La Tempesta unter Leitung von Martin Brauß zu hören, nach der Pause spielt Igor Levit Beethovens 5. Klavierkonzert. Der Kartenvorverkauf hat noch nicht begonnen. Das Jahr endet mit einem Abschlusskonzert in der Hochschule am 25. November, in der sich IFF-Schüler als Musiker und Komponisten präsentieren. Von Henning Queren

Interview: Das IFF der Musikhochschule wird 20 - Junge Talent wie Igor Levit fördern