Döhren wird zur Freiluft-Galerie

Ein Kiez wäre nichts ohne seine Bewohner, die ihn beleben. Die sich um ihre Nachbarn kümmern und sich ständig überlegen, wie man das Zusammenleben verbessern könnte. Jens Klinkert, der das Ginkgoo an Döhrens Landwehrstraße betreibt, hat nun eine Freiluft-Galerie im Kiez initiiert. Ihm sind zuerst die alten Leute aufgefallen, die im Stadtteil ihre immergleichen Runden ziehen. „Viele gehen jeden Tag hier entlang“, sagt er und deutet auf seine Durchgangsstraße, die sich parallel zur Hildesheimer durch den Stadtteil zieht, auf Kopfsteinpflaster, mit dem einen oder anderen Kiosk und einigen Läden – die geschlossen haben. In deren Schaufenstern soll nun für einige Wochen Kunst stattfinden. „Die ganze Straße wird zur Ausstellung“, sagt er. Dass Kunst und Kultur gerade weitestgehend ausbleiben, lasse die Gesellschaft leiden. „Kunst bewirkt Begegnung und Kommunikation“, sagt Klinkert, den Künstlern wiederum fehle Absatzmarkt, Inspiration und Anerkennung: „Das in Einklang zu bringen, wollen wir hier versuchen.“ Lesen Sie hier: Ausstellung: Skulpturen von Studierenden in Hannover Profis und Laien sind dabei: Dafür hat Klinkert, dem erst vor einer Woche die Idee kam, Läden und Privathäuser mit Schaufenstern eingespannt, die diese als Mini-Galerie zu Verfügung stellen. Acht Künstler hat der Wirt zudem gefunden, etwa lokale Berufskünstler wie Vera Volta und Jarallah Ghaidan. Gundula Zimmermann aus Döhren, die im Herbst gemeinsam mit Sprayern den Trog an der Zeißstraße bunter machte, übernimmt die künstlerische Leitung des Projekts: Öffentliche Kunst, um die tägliche Runde aufzuwerten, die Schaufenster zu füllen und dem Kiez ein wenig Inspiration zu geben. Momentan sucht Klinkerts Team die passenden Bilder aus, von denen einige extra für die Aktion erstellt wurden. „Die Bilder bleiben vier bis fünf Wochen hängen, es wird aber auch nachgehängt, wenn sich Bilder verkaufen“. Mehrere Vernissagen im Ginkgoo, das sich zu einem Döhrener Kiez-Treffpunkt entwickelt hatte, haben Klinkert auf seine Idee gebracht. Lesen Sie hier: 30 Milliarden Euro Verlust für Kultur- und Kreativwirtschaft Klinkert hofft auf eine „Kunstmeile“: Er hofft, dass die Schaufensterkunst die Kommunikation anregen wird. „Es gibt viele empathische, inspirative Menschen in Döhren“, die Bilder sollen Ansatzpunkte zum Gespräch unter Fremden und Nachbarn werden. Für die Abstandskonformität wird Klinkert vor den Fenstern blaue „Standpunkte“ auf das Trottoir kleben. Aushänge um die Landwehrstraße weisen auf die Aktion hin und geben ein Werkverzeichnis. In Lindener Schaufenstern läuft ab 22. Februar für fünf Wochen eine ganz ähnliche Aktion, organisiert vom Kulturverein Kargah und dem örtlichen Freizeitheim. Dort geben Lindener Fotokünstler und Maler Einblicke in ihre Atelierarbeiten. Dass sich dort in den letzten Monaten viel angesammelt hat, kann auch Klinkert bestätigen. Ihn erreichen kurz vor Beginn immer noch Anfragen von Künstlern, die auch in den Schaufenstern ausstellen möchten. Auch, wenn das nicht klappen sollte: „Mit den Vernissagen im Ginkgoo wird es weitergehen“, sagt er, „ich wechsele sowieso andauernd die Bilder.“ Vor Jahrzehnten war die Landwehrstraße mal die Partymeile Döhrens, mit Eckkneipen an jeder Straßenmündung. „Vielleicht können wir hier eine Kunstmeile etablieren“. Von Lilean Buhl