Hannover: Neue Bücher, Krimis und Lesetipps für den Corona-Winter

Bücher entführen uns in fremde Welten und weit, weit weg vom grauen Corona-Winter. Wir sagen, welche Neuerscheinungen sich lohnen! Wettlauf mit Wölfen: Der Autor: Hans Rosenfeldt ist die eine Hälfte des schwedischen Erfolgsduos Hjorth/Rosenfeldt, das mit der Krimireihe und den Kriminalpsychologen und Frauenhelden Sebastian Bergmann gigantische Bestseller-Erfolge gefeiert hat. Außerdem ist er Drehbuchautor für TV-Serien wie „Die Brücke“ und „Marcella“. Das Buch: In Haparanda, nahe an der Grenze Finnlands, eröffnete der Möbelkonzern Ikea 2006 sein weltweit nördlichstes Möbelhaus. In Rosenfeldts Roman wird in diesem öden Landstrich viel gestorben: Im Magen zweier toter Wölfe werden menschliche Überreste entdeckt, die Spuren führen zum verscharrten Opfer eines Verkehrsunfalls. Dieser Mann wiederum hatte in einem finnisch-russischen Drogenkrieg ein Massaker veranstaltet und sich mit zwei Taschen Geld und einer Tasche Amphetamine aus dem Staub gemacht. Auf der Suche nach der Beute ist nicht nur die russische Profikillerin Katja, sondern auch die Polizei. Hannah Wester ist eigentlich nur ein kleines Rädchen im Getriebe des Kommissariats, doch zwischen den Hitzewallungen der Wechseljahre und dem Kampf um ihre Ehe hat sie das richtige Gespür, kennt die Menschen vor Ort, kann lose Fäden verknüpfen. Und ist getrieben von einem Schicksalsschlag, der ihr einst ihre Tochter Elin nahm. Rosenfeldt ist durch seine TV-Drehbücher Experte für komplexe Frauenfiguren. Auch Killerin Katja, die von einem „Onkel“ zur Tötungsmaschine gedrillt wurde, ist vielschichtig. Das Provinzkaff Haparanda soll Schauplatz einer längeren Krimiserie werden. Weiß man das, fiebert man mit, welche Hauptfiguren den tödlichen Wettlauf wohl überleben. Klasse Auftakt der neuen Reihe, allerdings ist man bei der Vielzahl an Personen als Leser gefordert, den Überblick zu behalten. Aufwühlende Biografie: Der Autor: Benjamin Ferencz wurde in Rumänien geboren, die Familie emigrierte nach Amerika, als er ein Baby war. Er wuchs im New Yorker Stadtteil Hell’s Kitchen auf, absolvierte mittels Stipendien sein Jurastudium in Harvard. 1944 landete er als US-Soldat in der Normandie. Nach dem Krieg sicherte er als Jurist Beweismittel, wurde Chefankläger bei den Nachfolge-Prozessen der Nürnberger Prozessen – mit 27! Das Buch: Mit 100 Jahren veröffentlicht Ferencz seine Biografie. Er schildert, wie er in ärmlichen Verhältnissen aufwächst, Schule und Studium absolviert, mit seinem Batallion in Europa landet. Was er im Anschluss erlebt, ist schwer zu ertragen: Er sieht zehn Konzentrationslager, durchkämmt sie nach Beweisen. Tausenden Menschen – toten und schwer verletzten – begegnet der junge Ferencz. Er stellt sich vor, dass die Schrecken erfunden sind – „damit ich sie ertragen konnte“. Was das Buch erträglich macht, ist Ferencz’ Art, seine und die Weltgeschichte zu erzählen: mit Demut, Witz und weisen Worten. Ein Museum der Träume: Der Autor: Christopher Kloeble studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig, ist Autor und entwickelt Stoffe für Filmproduktionen. Er lebt in Deutschland und Indien. Das Buch: Mitte des 19. Jahrhunderts. Ausgestattet mit einem Empfehlungsschreiben des Forschers Alexander von Humboldt brechen die Brüder Schlagintweit auf, um Indien und Tibet zu erforschen. In Bombay treffen sie den indischen Waisenjungen Bartholomäus, der von einem Pater mehrsprachig erzogen worden ist. Er wird ihr Übersetzer. Aus seiner Sicht wird die abenteuerliche Forschungsreise erzählt. Bartholomäus hat nämlich seinen eigenen Plan: Er will das erste Museum Indiens gründen – dafür sammelt er neben Materiellem auch Gedanken und Träume. Der faszinierende, spannende Stoff der Entdeckungsreise wird so aus Sicht der Bevölkerung erzählt. Denn Bartholomäus gerät zwischen die Fronten und muss sich zwischen seinen Dienstherren und seinen Landsleuten entscheiden. Alte Wunden: Die Autorin: Die Amerikanerin Wendy Walker ist Anwältin für Familienrecht. Ihr Debüt „Dark Memories“ wurde in 20 Ländern zum Bestseller, es soll verfilmt werden. Das Buch: Laura weiß nicht, ob sie sich selber trauen kann. Als junges Mädchen war sie in einen Mordfall verwickelt, ihr damaliger Freund wurde erschlagen. Seitdem verfolgt sie das Pech mit den Männern, sie kämpft mit ihrer Unsicherheit – und ihrer Wut. Als sie mit einem Psychologen das Trauma von einst aufarbeitet, wird sie wieder verlassen. Und kehrt in ihre Heimatstadt zurück. Das vertraute Umfeld mit ihrer Schwester Rosie und den alten Freunden Joe und Gabe soll ihr helfen, in die Spur zu finden. Sie wagt den Neuanfang auf einem Online-Portal, kehrt von ihrem ersten Date aber nie zurück. Die Clique will Laura retten. Und reißt alte Wunden auf. Heldenhafter Autor: Der Autor: Er hat die „Alex Rider“-Reihe für junge Leser erfunden, schreibt Drehbücher und macht sich jetzt zum (Zweit)Helden einer Krimireihe. Anthony Horowitz gehört zu den produktivsten und erfolgreichsten Autoren in England. Das Buch: Es ist die gute alte Methode nach Sherlock Holmes und Dr. Watson. Horowitz beschreibt, wie er die Mordermittlungen des eigenbrötlerischen Ex-Polizisten Hawthorne begleitet – der soll die Hauptrolle in einer Krimireihe spielen. Im zweiten Band geht es um einen Scheidungsanwalt, der mit einer teuren Weinflasche erschlagen wird. Hat eine ausgebootete Ex-Frau ein Motiv? Oder reicht der Fall zurück in die Vergangenheit, als drei Männer zu einer Höhlentour aufbrechen, bei der einer zu Tode kommt? Horowitz pendelt zwischen klassischem „Whodunnit“, bei dem die Leser miträtseln können, und humorvollem Geplänkel zwischen Hawthorne und seinem Biografen. Sehr unterhaltsam! Packender Plot: Der Autor: John Boyne ist Ire, 1971 in Dublin geboren. Mit „Der Junge im gestreiften Pyjama“ gelingt ihm 2006 der Durchbruch, der Stoff wird verfilmt, auf Bühnen von Theatern und Opern gebracht. Das Buch: Maurice Swift ist besessen von der Vorstellung, ein erfolgreicher Schriftsteller zu werden. Schreiben kann er, aber eine gute Story will ihm einfach nicht einfallen, es mangelt an Vorstellungskraft. Die bekommt einen Schubs, als er Erich Ackermann kennenlernt. Der schwule Autor wird in seinen 60ern berühmt und verliebt sich in Maurice. Ackermann lässt sich dazu hinreißen, dem jungen Mann das dunkelste Kapitel seiner Biografie anzuvertrauen. Für Swift genau die Geschichte, nach der er suchte. Ein packender Plot, der vor Boshaftigkeit nur so strotzt. Zeuge unter Hypnose: Die Autoren: Das schwedische Ehepaar Alexandra Coelho und Alexander Ahndoril schreibt unter Pseudonym Krimis um den Ermittler Joona Linna. „Der Spiegelmann“ ist ihr achter. Das Buch: Fünf Jahre, nachdem Jenny auf dem Heimweg von der Schule verschwand, wird ihre Leiche gefunden – erhängt an einem Klettergerüst. Die Polizei kann einen Augenzeugen ausfindig machen, doch der scheint traumatisiert und schweigt. Ein Fall für Joona Linna, den hochkompetenten und sehr eigenwilligen Ermittler. Er will den Mann mittels Hypnose zum Reden bringen und hat keine Zeit zu verlieren – denn schnell taucht eine weitere Mädchenleiche auf. Der Verlag empfiehlt das Buch ab 16 Jahren, doch nur wirklich abgebrühte Krimifans sollten es lesen. Dem Kepler-Duo gelingen starke Geschichten, aber die Brutalität ist maßlos. Nach dem Tod: Die Autorin: Marta Orriols lebt in Barcelona und ist freie Journalistin. Der Roman ist ihr Debüt. Das Buch: Paula, eine Ärztin auf der Frühchenstation, steht vor den Trümmern ihres Lebens. Mauro, ihr Mann, ist tot. Er wurde überfahren, der Autofahrer hatte die rote Ampel übersehen. Zehn Jahre waren die beiden zusammen. Aber es gibt noch eine andere Katastrophe: In ihrem letzten Gespräch vor dem Unfall hatte Mauro erzählt, dass er sich in eine jüngere Frau verliebt habe und sich trennen wolle. Paula ist überfordert. Wie kann sie um einen Mann trauern, der sie verlassen wollte? Wie kann sie Trauerbekundungen entgegen nehmen, obwohl sie tief verletzt und wütend ist? Aber darf man zornig auf jemanden sein, der tot ist? Ihre Gefühle sind höchst widersprüchlich, das Zurückfinden ins Leben – und in die Liebe – fällt ihr schwer. Nur langsam gelingt es ihr, ihr in Scherben zersprungenes Leben neu zu sortieren und einer Zukunft zu begegnen. Nicht immer sind Paulas Beweggründe nachvollziehbar, Menschen, die ihr helfen wollen, stößt sie von sich. Aber jeder Mensch trauert auch anders. Das erzählt Marta Orriols in teils feinen, teils drastischen Worten. Lesen Sie auch Hörbücher: Diese Krimis gehen ins Ohr Lieblingsbücher: Lesetipps der NP-Männer Bücher-Tipps: Von NP-Frauen, nicht nur für Frauen Von NP