Hannover: "Debakel" in Linden setzt auf Stammgast-Karte

Kerstin Schmücker (44) und ihr „Debakel“ sind seit zwanzig Jahren eine Institution in Linden. Eigentlich hätte sie im Mai Jubiläum gefeiert. Mit Außer-Haus-Verkauf und Bringdienst will sie ihrem Team zeigen, dass alle zusammen halten. Was war Ihr erster Gedanke, als der zweite Lockdown beschlossen wurde? Schon wieder?! Du weißt ja nicht, wie lange es dauert. Das ist das Problem – diese Ungewissheit. Im Frühjahr haben wir Take-away nach drei bis vier Wochen ins Programm genommen, dieses Mal war für uns klar, dass wir es auf jeden Fall machen. Wir wollen präsent bleiben. Und das Essen wird super angenommen. Es geht auch um das Team – alle sind schon seit Jahren bei mir, wir sind wie eine große Familie. Es geht darum, als Team weiterzumachen. Haben Sie eine spezielle Take-Away-Karte? Ich wollte die Karte eigentlich ein bisschen kürzen, aber die Jungs aus der Küche meinten: „Warum?“ (lacht). Nur die Baguettes können wir nicht machen, alles andere schon. Zum Beispiel unser hausgemachtes Brot, unsere Haus-Aioli, außerdem eine wöchentlich wechselnde Sonderkarte. Wir kochen alles selbst und alles frisch. Auch viele vegane Gerichte. Sind Sie denn Veganerin? Nein, ich selber esse auch Fleisch. Aber ich habe mich den Wünschen meiner Gästen angepasst. An diese Art der Küche habe ich mich herangetastet, immer wieder die Meinung der Gäste eingeholt. Mittlerweile habe ich den Dreh raus. Die vegane Currywurst ist hier der Renner. Und letzte Woche gab es vegane Königsberger Klopse – ich musste das Gericht viermal nachkochen. Wie sind Sie Wirtin geworden? Ich mache Gastronomie seit ich 13 oder 14 Jahre alt bin, nach Hannover bin ich durch Zufall gekommen. Nach der Ausbildung habe ich in diversen Bars und Diskotheken gearbeitet. Im Jahr 2000 hab ich die Selbstständigkeit gewagt. Mein damaliger Freund kannte die „Debakel“-Vorbesitzer, das war so ein Zufallsding. Ich wollte das eigentlich nie. Hier sieht alles noch so frisch aus. Haben Sie renoviert? Ja, wir haben den ersten Lockdown genutzt und etwas aufgefrischt, neu gestrichen. Der Style ist aber geblieben. Unsere Gäste haben auch gesagt: „Bloß nichts verändern“. Sie fühlen sich hier genau so wohl. Haben Sie ein Lieblingsgericht aus der Kindheit? Senfeier (lacht). Die haben wir auch heute der Karte. Welche fünf Lebensmittel würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Eiersalat – richtig ostdeutsch mit Kaffeesahne und selbstgemacht (lacht), ein schönes Stück Käsekuchen und Käse. Gin Tonic Wildberry, Prosecco und meine Likörchen müssen dabei sein. Neulich habe ich wieder selber einen gebraut – mit Kardamom, Vanille, Puderzucker und Maracuja. Mexikaner mache ich auch immer selber – den kaufen die Leute flaschenweise. Geboren am 13.Oktober 1976 in Stendal. In Hannover lebt sie seit 1996, macht eine Ausbildung im Mövenpick Hannover Airport. Im Jahr 2000 übernimmt sie mit ihrem damaligen Freund die urige Kneipe „Debakel“ (Limmerstraße 92, Telefon 0511/2104750). Parallel studiert sie und macht eine Fortbildung zur Restaurantmeisterin. Dienstag bis Sonntag gibt es von 17 bis 21 Uhr Außer-Haus-Verkauf (Bringdienst für einen Euro Aufschlag) mit wechselnder Wochenkarte. Das „Debakel“ bietet Schnitzel-Klassiker, Currywurst und eine große Auswahl veganer Gerichte. Infos unter www.debakel-linden.de. Das „Debakel“ gibt es seit dem Jahr 2000 – was wurde aus dem Jubiläum? Das war alles geplant. Mit der Hilfsorganisation „Viva con Agua“ wollten wir eine Tombola machen, mit den Lieferanten und der Brauerei hatte ich schon gesprochen, der Schankwagen war bestellt. Und dann kam Corona. Wo gehen Sie selber gerne essen? Ich hab viele Freunde in der Gastronomie – aber die haben alle nur Kneipen (lacht). Sehr gern bin ich im „Elisen-Eck“, aber das macht jetzt ja leider zu. Das „Gilde- Stübchen“ ist auch eine Stammkneipe. Ich gehe gerne hier im Viertel aus. Ursprünglich komme ich aus Stendal in Sachsen. Linden ist meine Heimat geworden, hier fühle ich mich wohl. Wir kennen uns ja auch alle, die Wirte halten zusammen. Haben Sie Wünsche für 2021? Es soll einfach wieder alles ganz normal werden. Ich vermisse meine Gäste. Ich vermisse das Bedienen. Ich vermiss so viele normale Dinge im Leben. Kommt denn Unterstützung von den Stammgästen? Ohne Ende. Einer hat zum Beispiel eine Druckerei – er hat für uns Mützen gemacht mit „Debakel“-Schriftzug und den drei warmen Brüdern drauf. Im ersten Lockdown haben wir „Katastrophenhelfer“-T-Shirts verkauft. Und viele holen Essen. Sie sagen: „Wir wollen, dass du überlebst. Dass du bleibst und hier nicht irgend so ein Kommerzladen reinkommt.“ Wir bedanken Sie sich? Im „Debakel“ gibt es eine Stammgast-Karte – da steht der Name drauf, jedes zehnte Bier ist umsonst. Und bei Jubiläen oder Feiern gibt es den „Debakel-Dollar“, da ist mein alter Hund drauf, der ist fast 17 Jahre alt geworden. Für zehn Euro können meine Stammgäste dann 13 Dollar erwerben – sie bekommen also drei Euro geschenkt. Woher kommt eigentlich der Name „Debakel“? Ich habe den Laden schon so übernommen. Aber der Name ist hier nicht Programm. Auch wenn ich das manchmal schon denke (lacht). Lesen Sie auch: Neustadt: So kommt „Jedermanns“-Wirt Bjoern Penno durch die Krise Hannover: Christine Hoppe von "Frau Hoppe" verkauft Speisen außer Haus Von Luisa Verfürth