"Bar Anejo" in Hannover-Linden: Venezuelas Küche und Rum-Tastings

Ende 2017 eröffnete Johnny Chance Rodriguez (41) seine „Bar Añejo“ in Linden-Nord. Den Gästen will er die Küche seiner Heimat Venezuela näher bringen. Wie kamen Sie in der Corona-Zeit klar? Es war eine schwere Zeit. Weil wir es gerade geschafft hatten, einen tollen Kreis von Stammgästen aufzubauen. Ich habe versucht, die Lockdown-Wochen mit meiner Familie und meinen Kindern zu genießen und es irgendwie positiv zu sehen. Aber natürlich wurde schnell klar, dass es kein „normaler Urlaub“ wird. Wie haben Sie reagiert? Wir haben neue Konzepte erarbeitet – zum Beispiel unser Rum-Tasting. Wir haben draußen eine Bar aufgebaut und „Drinks to go“ verkauft. Wir haben Kreativität gelebt. Die Leute haben uns toll unterstützt, das hat mir Motivation gegeben. Wie sind Sie Wirt geworden? Ich bin in einer Gastrofamilie aufgewachsen, hab mit 15 selber in einem Lokal gearbeitet. Nach meiner Ankunft in Deutschland fand ich nach einigen Umwegen ziemlich schnell in die Branche zurück. Da ich Englisch, Spanisch und Deutsch spreche, habe ich 2003 im Maritim Airport Hotel eine Ausbildung angefangen. Gibt es ein Lieblingsgericht aus Ihrer Kindheit? In Venezuela essen wir viele Speisen aus Maismehl – zum Beispiel Empanadas und Arepas. Und zwar zu jeder Tageszeit. Venezolanische Speisen werden in Hannover bisher nur von uns angeboten, das nächste Restaurant ist erst in Hamburg zu finden. Was sind denn Arepas? Maisteigfladen, die wir individuell befüllen. In Venezuela werden sie mit frischem Mais gemacht, wir benutzen Harina Pan, das ist ein venezolanisches Maismehl, das man frittieren oder backen kann. So ergibt es einen perfekten Snack. Und ist dabei auch noch glutenfrei. *06.02.1979 in Venezuela. Im Maritim Airport Hotel Ausbildung zum Hotelkaufmann, dann arbeitet er in der Bar im „20 up Riverside Hotel“ in Hamburg, macht eine Bartender-Ausbildung in Rostock. Zurück in Hannover wird er Barchef in „Harrys New York Bar“ (heute „Pelikan-Bar“), es folgen Stationen im „Lindenblatt“ und in Braunschweig. Die „Bar Añejo“ (Elisenstraße 22, Telefon 0511/49537241) mit südamerikanischer Küche eröffnet er 2017. Infos unter bar-anejo.de Welche Eigenschaft muss ein Wirt haben? Es gibt nur zwei Arten Wirte: Entweder hast du diese Leidenschaft, Gastronom zu sein. Oder nicht. Ich muss meine Gäste so behandeln, wie ich auch meine Freunde, meine Familie, meine Eltern behandle. Welche Eigenschaft sollte ein Gast mitbringen? Ich habe lange als Barmann gearbeitet und weiß, dass man Gäste mit Diplomatie behandeln muss. Der Gast sollte aber unseren Beruf respektieren. Mir ist es oft passiert, das Leute mich an der Bar angesprochen haben: „Johnny was machst du eigentlich beruflich?“ Manche denken, das wäre nur ein Teilzeitjob, sie nehmen diese Arbeit nicht ernst. Mir ist es wichtig, dass die Gäste unsere Arbeit schätzen. Welche Restaurants in Hannover können Sie empfehlen? Ich esse sehr gerne Steaks. Aber ich bin in Steak-Restaurants oft komplett unzufrieden. Deshalb gehen wir lieber spontan Kleinigkeiten essen. Einfach einen Burger um die Ecke, oder zum Vietnamesen auf der Limmerstraße. Damit bin ich schon zufrieden. Was steckt hinter Ihren Rum-Tastings? Wir haben 80 bis 90 verschiedene Sorten Rum, diese Vielfalt wollen wir unseren Gästen näher bringen – in Kombination mit gutem Essen. Viele lernen bei uns Zutaten wie Maniok oder Tostones, also Kochbananen, kennen. Wir nennen das „Foodbaring“ – eine Mischung aus Bar und kleinen Leckereien. Warum heißt das Lokal „Bar Añejo“? Was dahinter steckt, ist der Jahrgang. Je älter man wird, umso reifer und vielleicht auch besser wird man. Wir bieten viele Rumsorten, aber auch Tequilas und Mezcals an, das Wort „Añejo“ steht auf fast jeder Flasche. Was gehört zu einem venezolanischen Mahl? Wir starten mit „Rompe Colchón“ – das ist ein Meeresfrüchte-Salat. An Stränden in meiner Heimat laufen oft ältere Damen mit Tabletts entlang und schreien „Rompe colchón, vuelve a la vida, siete potencias”. Das heißt soviel wie „Das ist gut für Euch Männer. Für die Manneskraft“. Als Dessert muss es unsere Quesillo sein – Karamellflan mit Kokosgeschmack. Welche fünf Lebensmittel würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Dazu erzähle ich eine kleine Geschichte. Meine Mutter ist Indianerin, ich bin mit ihr und meinem Opa aufgewachsen. Mit 14 Jahren war ich jagen im Dschungel und bin verloren gegangen – drei Tage lang. Ohne Lebensmittel. Das war eine große Erfahrung. Der Rat meines Opas war immer, Salz und Feuer auf die Jagd mitzunehmen. Mit Salz kann man Fleisch und Fisch haltbar machen, Fisch kann ich selber angeln, Wasser ist verfügbar. Damit kommst du gut zurecht. Lesen Sie auch "Fischers", "Izarro": Harm Baxmann ist ein Gastro-Urgestein in Hannover "Unschlagbar" in Hannover: Lena Leach hat das "Krü's" übernommen Hannover: Elmar Nußbaum kocht im "P'tit Clichy" von Ekki Reimann Gastro-Typen: Sebastian Wilkens ist Sommelier im Vince Von Luisa Verfürth