An diesen Automaten in Hannover ist Selbstbedienung

Hunger nach Ladenschluss? Ein Fahrrad-Platten am Sonntag? Bedarf nach einem schnellen Kunst-Geschenk? In Hannover und Umland gibt es für fast alles eine Lösung: die Selbstbedienung an Verkaufsautomaten. Die NP stellt fünf Geräte und ihre Erfinder vor. Der Kunst-Automat: Was viele überhaupt nicht wissen – in Hannover gibt es einen Kunstautomaten. Das Gerät an der Augustenstraße 2 (Mitte) ist in Wirklichkeit ein umgebauter Zigarettenautomat. Die Idee dazu hatte Lars Kaiser vor rund 20 Jahren. Der 45-jährige Restaurator hat einen eigenen Galeriebetrieb und wollte damals 24 Stunden lang Kunst anbieten. Außerdem reizten ihn schon immer kleine Gegenstände als Andenken an eine Stadt. „Ich habe dann damit begonnen, Zigarettenautomaten aus den 50er Jahren umzurüsten.“ Dafür wurde so manches mal aus zwei Geräten am Ende eines. „Wir haben bei dem einen die Mechanik verwendet und bei dem anderem eventuell das Gehäuse.“ In den Automaten findet man alles, was man sich vorstellen kann und was in eine Zigarettenschachtel passt. Die ist etwa acht Zentimeter hoch, fünf Zentimeter breit und knapp zwei Zentimeter tief. „In der Schachtel ist immer ein Lebenslauf mit Kontaktdaten vom Künstler, ein Zettel, der das Projekt erklärt und natürlich das Kunstobjekt“, so Kaiser. Das können Collagen, Objektträger, gezeichnete Bilder oder kleine Figuren sein. Eine Schachtel kostet vier Euro, pro Automaten gibt es zwischen sechs und zehn Schächte. Das Besondere: In jedem Automaten gibt es eine Schachtel mit internationaler Kunst, ein überregionales Fach und eines mit der Schachtel eines Künstlers aus der Region. „Manchmal kommen spezielle Themen-Schachteln, wie ,500 Jahre Reformation’ oder das diesjährige Beethoven-Jahr hinzu“, sagt Kaiser. Der hannoversche Automat hat zehn Schächte, den Automaten ziert ein Bild, das eine Art Treppe darstellt. Auf den einzelnen Stufen steht das Wort „Kunstautomat“ auch auf Französisch (l’art automatique) und Englisch (art automatic). Seit rund acht Jahren hat auch Künstler Burkhard Uliczka Kunst in den Automaten. Der gebürtige Hannoveraner lebt mittlerweile in Celle und ist bei einem Kunstfestival in Magdeburg auf die Automaten aufmerksam geworden. „Ich finde das eine tolle Sache, jeder kann an die Automaten ran.“ Und es sei immer eine Überraschung, was sich darin befindet. „Viele gehen inzwischen regelmäßig an die Automaten und haben schon Sammlungen angelegt“, so der 56-Jährige. Einen Einfluss darauf, welche seiner Schachteln in welchem Automaten landet, hat Uliczka nicht. Er bietet in den Schachteln überwiegend Malereien an. „Ich hatte schon abstrakte Arbeiten im Aquarell, aber auch Öl-Malereien, Gedichte und Zeichnungen von Landschaften.“ In seinem Atelier in Celle fertigt er aber auch größere Objekte. Mittlerweile gibt es über 230 Automaten, die meisten davon in Deutschland, aber auch in den Niederlanden, Spanien und Österreich. Der Fahrradschlauch-Automat: Das Fahrrad ist in Corona-Zeiten so beliebt wie nie.aus dem Keller zu holen. Wäre da nicht die Gefahr eines platten Reifens – und das womöglich noch an einem Sonntag. Doch in der Innenstadt gibt es Hilfe: am Fahrradschlauchautomaten von Keha-Sport (Goseriede 1). Die Idee für den Automaten, der an der Hauswand des Geschäftes zu finden ist, entstand laut Geschäftsführer Jürgen Willmann vor rund 20 Jahren in Zusammenarbeit mit dem Reifenhersteller Continental. Daher komme auch das Orange des Automaten, die Markenfarbe des Unternehmens. „Wir waren schon immer Conti-affin, da es ein deutsches Unternehmen ist und überwiegend in Deutschland produziert.“ Das Prinzip ist ganz einfach: Geld einwerfen, den entsprechenden Knopf drücken, anschließend kommt unten der Schlauch raus. Zur Auswahl stehen acht verschiedene Größen. „Da ist für jeden Fahrradtypen was dabei“, so Willmann. Die Preise sind identisch zu denen im Geschäft. Wie viele Schläuche Willmann auf diese Art verkauft, will er nicht verraten. Er merke jedoch immer wieder, dass vor allem an einem Sonntag der eine oder andere zu dem Automaten kommt, um sein Rad zu Hause reparieren zu können. Der Hofladen-Automat: Schon zwei Verkaufsautomaten mit einer tollen Auswahl an Lebensmitteln bietet Landwirt Friedrich Baumgarte auf seinem Hof in Vinnhorst (Heinescher Hof 4). Den ersten Automaten hatte er im August 2016 angeschafft. Erst vor wenigen Wochen kam der zweite hinzu. „Die Nachfrage ging seit März so in die Höhe, dass einer nicht mehr reichte.“ Allein im Vergleich von April 2019 zu April 2020 habe sich der Verkauf in den Automaten und dem Hofladen vervierfacht – eine Folge der Corona-Krise. Die Idee zu dem ersten Gerät erhielt der Landwirt durch Fachzeitschriften. „Viele unserer Kunden schaffen es nicht bis 18 Uhr in den Hofladen oder haben Angst vor den Hofhunden.“ Durch die Automaten hätten sie nun die Möglichkeit, 24 Stunden am Tag und ohne Kontakt mit den Hunden einzukaufen. „Für uns ist es ein zusätzliches Standbein“, so Baumgarte. In beiden Automaten verkauft er Kartoffeln, Eier, Marmelade, Äpfel und Dosenwurst. Aber auch saisonales Gemüse wie Spargel und vorgekochte Hausmannskost, wie Königsberger Klopse. Die Preise orientieren sich an denen aus dem Hofladen. Die Funktionalität der Automaten ist einfach und funktioniert nach einem Fahrstuhl-Prinzip. „Man wirft das Geld ein, drückt die Nummer für das Produkt und dann fährt eine Art Fahrstuhl auf die entsprechende Ebene und anschließend wieder runter, wo der Kunde die Ware entnehmen kann“, erklärt Baumgarte. Bisher ist lediglich Bargeldzahlung möglich. „Wir arbeiten derzeit aber einer Aufrüstung, so dass Kartenzahlung möglich wird.“ Der Wurst- und Fleischautomat: Am Sonntag spontan grillen, aber es fehlt an Fleisch und Wurst? Kein Problem in Hänigsen. Seit Mai 2017 hat die dort ansässige Fleischerei Hoppe (Steindamm 26) einen Wurstautomaten stehen. Zu kaufen gibt es verschiedene Würstchen (Bärlauchbratwurst und Käseknacker), Grillfleisch (Nacken- und Minutensteak, Putenfleisch) sowie Suppengläser, Fleischsalat und Getränke. Die Preise der Produkte orientieren sich an denen aus dem Geschäft, sagt Fleischermeisterin Marina Hoppe. Die Idee für den Automaten kam der Familie auf einer Messe. „Wir waren mit die Ersten, die das in dieser Gegend umgesetzt haben“, sagt sie. Schließlich sei es praktisch, nach Ladenschluss oder am Sonntag etwas kaufen zu können, wenn man nichts zu essen im Haus hat oder spontan grillen möchte. Täglich wird der Automat neu befüllt, bei gutem Wetter auch mehrmals. Man merke, dass das Interesse bei Sonnenschein besonders hoch sei, so Hoppe. Bezahlt wird mit Bargeld, demnächst soll es aber auch ein Kartenlesegerät geben. Eine besondere Technik bietet der Automat aber schon jetzt: Er ist mit einem Tablet verbunden. Sollte ein Produkt ausverkauft sein, klingelt es bei Hoppes. Der Automat kann dann sofort wieder aufgefüllt werden. Der Milchautomat: Frische Milch können sich Kunden an der so genannten Milchtankstelle von Landwirt Christian Büchtmann in Thönse (Lange Reihe 14) abzapfen. Seit August 2016 gibt es den Automaten in einer kleinen Hütte auf dem Hof. Büchtmann kam über Fachzeitungen auf die Idee. „Damals waren außerdem die Milchpreise sehr schlecht und wir haben nach einer Alternative gesucht.“ Ein Liter Rohmilch kostet einen Euro. Gekauft wird nicht in vorher abgefüllten Flaschen, sondern per Zapfanlage. Flaschen können mitgebracht oder aus dem Automaten gezogen werden. „Dann wirft man Geld ein, drückt auf Start und am Ende auf Stopp“, erklärt der Landwirt. Anschließend spuckt der Automat das Restgeld aus. Rund 40 bis 50 Liter werden täglich abgezapft, am Wochenende sogar mehr. Etwa 120 Liter passen rein, gereinigt wird die Maschine täglich. Bei der Nachfrage spiele vor allem das Wetter eine große Rolle. „Man merkt, dass die Leute bei schönem Wetter abends nochmal mit dem Rad rumkommen.“. Bei Schmuddelwetter sei die Nachfrage dagegen geringer. Besonders auffällig sei der steigenden Bedarf während der Corona-Zeit. „Die Leute sind wieder zu Hause und bereiten viel selber zu“, glaubt Büchtmann. Neben der Milchtankstelle verkauft er in weiteren Automaten Käse aus eigener Milch, Marmelade eines befreundeten Betriebes, Eier aus Freilandhaltung, Dosensuppen, Honig eines Imkers aus dem Dorf und Wurst eines Schlachters aus der Wedemark. Auch dieser Bedarf habe deutlich zugenommen. Lesen Sie auch: Hannover: Ein riesiger Kaugummi-Automat für den Ballhof Kaugummiautomaten in Hannover: Kann man das noch essen? Von Cecelia Spohn