Virologe rät in Zeiten von Corona: „Eigene Familie wie Fremde behandeln“

Er ist Virologe seit 50 Jahren. Professor Dr. Volker Moennig, Tierarzt und einst Rektor der Tierärztlichen Hochschule Hannover, arbeitet noch heute als Berater für verschiedene Pharmaunternehmen. Der 73-Jährige, verheiratet mit Hannovers Ex-Bürgermeisterin Dr. Hilde Moennig, weiß sehr viel um die Gefährlichkeit des Coronavirus. „Wir behandeln unsere eigene Familie wie Fremde“, sagt er. Familie – das sind vier Kinder samt den dazu gehörenden Ehepartnern und vier Enkeln. Drei arbeiten als Ärzte, einer davon ist in einem Krankenhaus beschäftigt, in dem auch Covid-19-Fälle behandelt würden (aktuell nicht). Kontakte temporär abgebrochen: „Aufgrund unseres Alters gehören meine Frau und ich zur Risikogruppe“, berichtet Moennig. „Unsere Kinder haben uns empfohlen, die meisten sozialen Kontakte temporär abzubrechen.“ Schluss ist also mit den Doppelkopfrunden und gemütlichen Abenden mit Freunden. Grundsätzliche Angst vor einer Infektion hat der Virologe nicht. „Wir halten uns einfach nur daran, was Bundesregierung und Robert-Koch-Institut (RKI) empfehlen, um eine explosionsartige Vermehrung der Fallzahlen zu verhindern.“ Wenn niemand die empfohlenen Restriktionen beachte, würden laut RKI im Juni zehn Millionen Bundesbürger infiziert sein. Auch wenn nur ein geringer Prozentsatz schwer erkrankt, bedeutete das den Kollaps fürs Gesundheitssystem und Menschen mit lebensbedrohlichen Krankheiten oder auch Unfallopfer könnten nicht mehr behandelt werden. Einkäufe sorgfältig planen: Wie hat das Coronavirus den Alltag der Moennigs verändert außer dem Verzicht auf Nähe? „Meine Frau hat immer Desinfektionsmittel im Rucksack. Einkäufe verlegen wir auf den ganz frühen Vormittag und planen dafür sorgfältiger als bisher.“ Nur wegen eines Pfunds Butter würde er sich nicht auf den Weg in einen Supermarkt machen. Moennig hofft, dass schon in absehbarer Zeit wirksame Medikamente auf dem Markt sind. „Trotzdem werden bis dahin sicherlich 60 Prozent oder mehr der Deutschen infiziert sein – ich wahrscheinlich auch.“ Die gute Nachricht dabei: Alle, die diese Infektion überstanden haben, seien sehr wahrscheinlich immun. Über Unbesorgtheitheit erschüttert: Den Experten erschüttert, dass viele noch nicht begriffen haben, wie schnell sich das Virus bei ungehemmten Kontakten und zu großer Nähe ausbreitet. „Geradezu unbesorgt und auf engstem Raum sitzen sie in Cafés oder spielen Fußball.“ Die vier Enkel betreut eine der Schwiegertöchter, um den Kontakt nach außen zu minimieren. Die Kinder (zwei bis neun Jahre alt) finden toll, mal nur in der Familie zu spielen. Klopapier hamstern? „Hysterisch“: Gehamstert haben die Moennigs nichts. Vor allem kein Toilettenpapier. „Das säckeweise zu horten, ist eine hysterische Reaktion“, findet der 73-Jährige. „Coronavirus schlägt bekanntlich nicht auf den Magen.“ Im Haus haben sollte man den Bedarf für ein paar Tage: Nudeln, Reis, Mehl, ein paar Gemüsekonserven und Dosenwurst. Wann ist ein Ende der Krise in Sicht? „Schwer zu sagen“, so Moennig. „Viele Auflagen werden gelockert. Muss auch sein, sonst bricht die Wirtschaft zusammen. Aber einige Vorsichtsmaßnahmen werden sicherlich Bestand für zwei Jahre haben.“ Etwa die Bitte „Vorsicht bei sozialen Kontakten“. Die gelte solange, bis ein Impfstoff da ist. Der Virologe: „Es geht nicht in ein paar Wochen vorbei.“ Lesen Sie auch: Die aktuelle Lage in Hannover im Liveblog Diagnose Corona: So lebt es sich in Quarantäne MHH-Ärzte appellieren: „Bleibt für uns Zuhause“ Pistorius kündigt Strafen an So kommen Lebensmittel zu Ihnen nach Hause Wie erklärt man Kindern die Corona-Gefahr? Kommentar: Es muss jetzt einfach mal ohne gehen Testzentrum zieht aufs Messegelände Das ist die aktuelle Zahl der Infizierten Volle Spielplätze – zum vorerst letzten Mal Von Vera König

Corona-Schutztipps vom Experten - Virologe zu Corona: „Eigene Familie wie Fremde behandeln“