„Wenn der Postmann zweimal klingelt“: Unter diesem Titel verspricht Hollywood Spannung und Sex. Ein ganz anderer Film lief am Montag im Gerichtssaal 1H1 des Landgerichts Hannover ab. Savas S. (28) soll 96 Drogenpakete aus Spanien und den Niederlanden empfangen haben. Das Rauschgift (Marihuana, Kokain und Amphetamine) habe er weiterverkauft, heißt es in der Anklage. Mit den Drogen habe er 6,33 Millionen Euro verdient. Und das von Mai 2017 bis April 2019.
Mit dem Hauptangeklagten sitzen auch noch Saman H. (25) und Gökhan S. (28) auf der Anklagebank. Sie sollen neben Savas S. die Pakete in Deutschland in Empfang genommen haben, T. in 48 Fällen und Gökhan S. in drei Fällen. Ihre Unterschriften stehen auf der Empfangsbestätigung des Postdienstes.
Mehr als 900 Kilo Hasch verschickt
Die Absender in Spanien und den Niederlanden waren fiktiv. Weniger irreal war der Inhalt. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass mehr als 900 Kilo Marihuana in der Region Hannover ankamen. Es wurde an Cafes, Shisha-Bars, Privatanschriften, einen KfZ-Reparatur-Betrieb und den Fußball-Verein Fortuna Sachsenross (Sahlkamp) geliefert. Letzteres war ein Glücksfall für die Ermittler. Im März 2019 fand der Platzwart das „Gras“, allerdings nicht auf dem Fußballfeld, sondern in einem DHL-Paket. Im Verein wusste niemand etwas von den Drogenlieferungen. Die Pakete wogen teilweise bis zu 20 Kilo.
Die Anwälte erklärten zum Prozessauftakt, dass sich ihre Mandanten zu den Vorwürfen nicht äußern werden. Die Verhandlung leitet Richterin Andrea Jans-Müllner. Sie ist nun die Vorsitzende der neu eingerichteten 17. Großen Strafkammer. Diese Kammer wurde eigens wegen der Überlastung des Landgerichts Hannover eingerichtet. Zu Beginn des Prozesses musste sie erstmal einige Anklagepunkte ordnen.
450 Polizisten bei Razzien im Einsatz
Savas S. und Saman H. sitzen in Untersuchungshaft. Sollte sich die Anklage bestätigen, erwartet beide eine mehrjährige Haftstrafe, bei S. sicher jenseits der fünf Jahre. Der Prozess ist bis Ende Februar 2019 terminiert.
Nach Hinweisen aus den Niederlanden startete die Polizei eine Riesen-Razzia. Rund 450 Beamte durchsuchten im Mai 2019 in der Region Hannover 57 Geschäfte und Wohnungen. Sie fanden 165.000 Euro, 22 Kilo Marihuana und Kokain, Waffen und Luxusuhren. Zentrale des organisierten Drogenhandels soll ein Cafe am Vahrenheider Markt gewesen sein. Savas S. ist laut den Ermittlern Chef der Drogenbande, die in drei Jahre rund zwei Tonnen Rauschgift in Deutschland verkauft haben soll.
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Von Thomas Nagel