Kein Maschseefest, kein Schützenfest: So traurig wird Hannovers Sommer

Es wird ein unvorstellbar ruhiger Sommer – und für Hannovers Verhältnisse wird er auch sehr ereignisarm werden. „Endlich herrscht Klarheit“, sagt Regionspräsident Hauke Jagau zu der Entscheidung von Bund und Ländern, Großveranstaltungen bis zum 31. August abzusagen: „Das sind Herde für Infektionen, die nicht steuerbar sind“, so Jagau. Auch Belit Onay, Oberbürgermeister Hannovers äußerte sich gestern Abend: „Wir schauen uns die Entscheidungen an und werden Schlüsse für konkretes Handeln ziehen, sobald uns Details bekannt sind. Die Sicherheit und Gesundheit der Menschen haben höchste Priorität, auch wenn das weiterhin bedauerliche Einschränkungen mit sich bringt.“ Keine Überraschung für Schützenpräsidenten: Schützenpräsident Paul-Eric Stolle rechnete schon seit Tagen damit, dass es in diesem Jahr nichts wird mit Ausmarsch und Fest. „Ich hatte es befürchtet“, sagt er. Und dennoch hat es ihn hart getroffen: „Es tut mir in der Seele weh.“ Erwartet hätte Stolle eine Verfügung der Region. „Aber wenn die Entscheidung eben in einer Schaltkonferenz zwischen der Bundeskanzlerin und den Ministerpräsidenten fällt, ist das eben so.“ Das weltgrößte Schützenfest auszurichten in einer Zeit, in der die Hannover-Messe ausfällt, Wimbledon abgesagt und die Tour de France verschoben wird, hätte wahrscheinlich niemand verstanden. „Am meisten trifft der Verzicht die Schausteller“, so Stolle. Er geht davon aus, dass nach dem 21. August weitere Großveranstaltungen platzen: „Wer geht schon das Risiko ein, jetzt Verträge abzuschließen?“ Riesenverluste für Maschseefest-Macher: Das Aus des Maschseefestes, das vom 29.Juli bis 17.August gefeiert werden sollte und jährlich rund 2,5 Millionen Besucher anzieht, bedeutet für die Hannover Veranstaltungs GmbH (HVG) als Veranstalterin einen finanziellen Verlust in „Höhe eines sechstselligen Betrages“, sagte HVG-Chef Hans Nolte am Mittwoch. Die HVG habe Vorhaltekosten wie Abschreibungen für die Böden am Nordufer, das Stromaggregat gegenüber dem Sprengel Museum, die Verrohrung am Rudolf-von-Bennigsen-Ufer, aber auch für die Aktualisierung des Sicherheits- und Verkehrskonzeptes. „Dies alles kann die HVG nur über einen Sparhaushalt hinbekommen und darauf hoffen, dass wir über Veranstaltungen ab dem zweiten Halbjahr Geld verdienen“, so Hans Nolte. Denn die HVG richtet auch den Flohmarkt aus, bietet Stadtführungen an und organisiert den Feuerwerkswettbewerb. Vom Verbot ist aktuell nur die August-Veranstaltung von Europa betroffen. Fünf weitere Feuerwerks-Termine bis zum 24. Oktober können stattfinden bislang – Veranstaltungen, mit denen die HVG Geld verdienen kann. Das tägliche NP Corona-Update als Newsletter Alle News zum Coronavirus in Hannover täglich gegen 13 Uhr im E-Mail-Postfach Das Aus des Maschseefestes ereilt die Veranstalterin zu einem äußerst ungünstigem Zeitpunkt, denn erst vor kurzem hat sie den großen Betreibern am See ihre Verträge für die kommenden drei Jahre zugeschickt. Welche Auswirkungen die Absage auf diese Verträge hat, konnte Hans Nolte am Mittwochabend noch nicht überblicken. Weder bestätigen noch verneinen wollte er die Möglichkeit, die Verträge dieses Jahr auszusetzen und 2021 für drei Jahre laufen zu lassen. Folgen hat das Aussetzen des Maschseefestes laut dem HVG-Chef aber auch für die 1600 Arbeitskräfte am See, dazu etwa für die beiden hannoverschen Brauereien, Messebauer, Tischler, die Hoteliers, Weinhändler und Fleischereien, Gastro-Großhändler. „Die negativen Folgen für die Wertschöpfungskette sind gigantisch“. Das Aus auch für Hannovers Open-Air-Sommer: Kein Paul McCartney am 4. Juni im Stadion, kein Plaza-Festival Ende Mai und auch keine Open-Air-Konzerte mit den Bands Volbeat (8. Juni) und AnnenMayKantereit (13. Juni) – die neuen Bestimmungen zu Großveranstaltungen treffen die örtliche Konzertbranche hart. „Wir reden hier von 200.000 bis 250.000 Karten – allein im Open-Air-Bereich“, sagt Nico Röger, Geschäftsführer von Hannover Concerts: „Dazu kommen noch die Veranstaltungen in den großen Hallen.“ Noch ist nicht ausdefiniert, was eine Großveranstaltung im Sinne des Erlasses überhaupt ist; das zu bestimmen, ist Ländersache. Aber Röger geht davon aus, dass bis Ablauf der Frist, also dem 31. August, auch nichts auf der Gilde-Parkbühne stattfinden kann. Das beträfe die Konzerte von Dieter Thomas Kuhn (26. und 27. Juni), Melissa Etheridge (28. Juni), The Bosshoss (21. August), Sido (22. August), Alvaro Soler (23. August), Ben Zucker (28. August und Fettes Brot (29. August). Auch das Seh-Fest fällt vermutlich unter die Regelung, ebenso das Fährmannsfest in Linden (31. Juli bis 2. August) sowie die großen 1.-Mai-Feiern. Röger versucht das Positive zu sehen: „Wenigstens haben wir jetzt eine planbare Größe.“ Der jetzige Erlass sei erwartbar gewesen; hinter den Kulissen habe Hannover Concerts mit seinen Partnern längst an Ersatzterminen gearbeitet: „Jetzt können wir auf den Knopf drücken.“ Auch das beliebte NP-Rendezvous in den Sommerferien im Stadtpark muss in diesem Jahr ausfallen. 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