Hildesheim: Freispruch für Möchtegern-Amokläufer

Der psychiatrische Sachverständige, Andreas Tänzer, bezeichnete Felix F. (22) als „psychisch gestörten Einzeltäter“. Der junge Mann wurde am Donnerstag in Hildesheim dennoch freigesprochen. Angeklagt war er wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenen Gewalttat. In einem Chat sagte er, dass er so viele Muslime wie möglich töten wolle. In seinem Besitz befanden sich zwei Armbrüste und mehrere Langmesser. „Es ist nicht alles strafbar, was unschön und unsäglich ist“, so die Vorsitzende Richterin Barbara Heidner. Das Gericht erteilte dem Angeklagten eine Weisung nach Jugendrecht. Er muss seine psychiatrische Behandlung in einer Klinik fortsetzen und danach für zwei Jahre in eine betreute Wohneinrichtung ziehen. Somit folgte die Jugendstrafkammer dem Antrag von Verteidiger Kurt Georg Wöckener. Angeklagter leidet unter Angst- und Zwangsstörungen: Psychiater Tänzer bescheinigte dem jungen Mann eine Angst- und Zwangsstörung. „Er hat Angst vor Kontrollverlust“, so der Sachverständige. Aus diesem Grund hatte er sich seit 2019 wohl vollkommen aus dem realen Leben zurückgezogen. Felix F., Sohn einer Lehrerin, existierte nur noch in seinen rechtsextremistischen Chats. Voller Verachtung gegen Farbige, Juden, Muslime und Frauen, war der Förderschüler auf der Suche nach Anerkennung. Und er war ein sexuell frustrierter Mann. Per Online-Dienst ließ er sich von Frauen verbal sexuell erniedrigen. Im Laufe des Prozesses hatte er gestanden, im Mai 2017 via Facebook eine 15-Jährige beleidigt zu haben. Sie wollte keine Beziehung zu ihm aufnehmen. Später bedrohte er die Schülerin und ihre Mutter mit dem Tod. Für die Beleidigung und Bedrohung in zwei Fällen wurde der junge Mann von der Kammer mit der Weisung nach Jugendrecht bestraft. Staatsanwältin forderte drei Jahre Haft: Vor Gericht hatte der Angeklagte geleugnet, konkret einen Anschlag geplant zu haben. Ende Mai 2020 war er festgenommen worden. Er hatte geschrieben, dass er vor einer Moschee so viele Muslime wie möglich töten wolle, um eine „Legende“ zu werden. Sein Vorbild war der Attentäter von Christchurch (Neuseeland), der vor fast zwei Jahren 51 Menschen ermordet hatte. „Ich wollte meinen Chatpartner verarschen“, erklärte Felix F. dann im Landgericht Hildesheim. Die radikale Angeberei sei in den Foren üblich. Die Staatsanwältin beantragte hingegen eine Haftstrafe von drei Jahren. „Sie haben schockieren sowie Angst und Schrecken verbreiten wollen“, so Staatsanwältin Katharina Sprave. Er habe versucht, den geplanten Amoklauf als „Streich“ kleinzureden. Er habe auch kein „neutrales Verhältnis zum Rechtsextremismus“. Auch die Kammer sah bei dem Angeklagten eine Tendenz zum Rechtsextremismus. Felix F. bezeichnete sich nicht als rechtsextrem. Wenig nachvollziehbar bezeichnete er sich als „Freidenker“. Lesen Sie auch Hildesheim: Terrorplanung aus Frust - Prozess gegen 22-Jährigen Hildesheim: Angeklagter leugnet, Amoklauf geplant zu haben Amok-Prozess: Angeklagter aus U-Haft entlassen Von Thomas Nagel