Hannover: Wut über Querdenker-Autokorso – Aktivisten wollen ihn stoppen

Seit November war das Bündnis „Auf die Plätze“ nicht mehr zusammen gekommen, das sich in Hannover gegen die Corona-Verschwörungstheoretiker formiert hatte. Die regelmäßigen Autokorsos der Querdenker-Bewegung sorgen mittlerweile jedoch für Empörung. „Es ist traurig, dass wir uns hier treffen müssen, weil die Schwurbler weiter ihr Gedankengut zum Besten geben“, sagte Jessica Kaußen, die Kreisvorsitzende der Linken in der Region Hannover, am Samstagmittag bei der Demo des Bündnisses auf dem Opernplatz, zu der rund 70 Personen gekommen waren, größtenteils aus dem linken Spektrum. Bei den Querdenker-Demos würden „rechte Demagogen“ ihre „altbekannten Verschwörungsphantasien“ mit rassistischen und antisemitischen Inhalten verbreiten, kritisierte Kaußen. Sie forderte eine „solidarische Lösung der Corona-Krise“, die ihrer Ansicht nach durch die Auswüchse des Kapitalismus befördert wurde. Kaußen setzt sich für eine einmalige Vermögensabgabe ein, die beim reichsten Prozent der Bevölkerung eingezogen werden soll. Gegendemonstranten versuchen Korso zu stoppen: Viele der Demonstranten vom Opernplatz machten sich anschließend auf den Weg zum Schützenplatz, wo am frühen Nachmittag erneut ein Querdenker-Autokorso mit rund 70 Fahrzeugen startete. „Diese Pandemie ist eine Lüge“ oder „Nein zur Giftspritze“ stand auf Plakaten, die an den Fahrzeugen befestigt waren. Vom Band liefen Warnungen vor einer gezielten Reduktion der Weltbevölkerung, die höhere Mächte angeblich planten. In Liedern war von „Corona-Diktatur“ und „Unterdrückung“ durch den Staat die Rede. Als sich der Korso ins Bewegung setzte, um auf dem Cityring seine Runden zu drehen, versuchten linke Aktivisten diesen zu stoppen. Sie hatten selbst einen alten VW-Bus eingeschleust, der sich kurz vor dem Courtyard-Hotel am Maschsee querstellte. Eine Gegen-Demonstrantin stellte sich auf die Straße, um den Querdenker-Tross aufzuhalten. Die Polizei schob diese aus dem Weg und lotste den Korso um den Bulli herum. Lesen Sie auch Hannover: Querdenker und Gegner demonstrieren am Sonnabend in der City Außenminister kommentiert "Querdenker"-Demo in Hannover Corona-Protest von Attila Hildmann: Korso zieht hupend durch Berlin Polizei zu lasch im Umgang mit Querdenkern? Zuvor hatte es bei der Demo auf dem Opernplatz Kritik an dem Verhalten der Beamten bei vorangegangenen Querdenker-Demos gegeben. Ein Mitglied der Gruppe „Ende Gelände“, die für den Kohleausstieg kämpft und dafür auch zum zivilen Ungehorsam aufruft, berichtete, dass die Polizei nicht eingeschritten sei, wenn Querdenker vor ihrem Korso in größeren Gruppen nah zusammengestanden hätten. Diese sei offenbar „nicht motiviert gewesen, die Auflagen durchzusetzen“. Stattdessen sei einem Aktivisten von der Polizei sogar die Luft aus dem Fahrradreifen gelassen worden, behauptete er. Das Bündnis „Auf die Plätze“ positioniert sich zwar klar gegen die Querdenker-Proteste und akzeptiert die Corona-Regeln. Gleichwohl fordert es mehr Unterstützung für die, die besonders in dieser Krise zu leiden haben wie Einzelhandel, Kultur und Soloselbstständige. Diese würden oft allein gelassen, während für große Wirtschaftsunternehmen riesige Rettungspakete geschnürt würden. Von Christian Bohnenkamp