Hannover: Vergifteter Wodka an Obdachlose verteilt

Perfider Angriff auf obdachlose Menschen in Hannover: Bereits zum zweiten Mal innerhalb von drei Wochen wurden an einschlägigen Obdachlosentreffpunkten in der City Wodka-Flaschen mit ätzender Flüssigkeit verteilt. Die Polizei hat bereits zwei Strafanzeigen aufgenommen und nun am Freitag über die Obdachlosenhilfen Warnungen vor dem Teufelszeug ausgesprochen. Bisher sind zwei Männer (30, 50) betroffen, die sich beim Trinken des gepantschten Wodkas verletzt haben. Die Übergriffe geschahen immer mitten in der Nacht: Ein Unbekannter schenkte am 21. Januar gegen 3 Uhr morgens einem 50 Jahre alten Mann am Steintorplatz eine Glasflasche. Diese sah nach Angaben des 50-Jährigen wie eine gängige Wodka-Flasche aus, berichtet Polizeisprecher Marcus Schmieder. Beim Trinken daraus erlitt der obdachlose Mann Verätzungen der Speiseröhre und musste stationär im Klinikum Nordstadt aufgenommen werden. Am 6. Febraur ebenfalls gegen 3 Uhr schenkte ein Mann einem 30-Jährigen ebenfalls eine nach handelsüblichen Wodka ausschauende Glasflasche. Auch dieser Mann trank daraus und erlitt im Anschluss leichte Verletzungen im Hals. Eine medizinische Behandlung war laut Polizei in diesem Fall nicht notwendig. Die Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung. „Da sind Leute unterwegs, die Obdachlose vergiften“: „Fakt ist, das da Leute unterwegs sind, die Obdachlose vergiften“, sagt eine Helferin der Obdachlosenhilfe. Offensichtlich hat der oder haben die Täter vor allem jene Menschen im Blick, die ihr Elend mit Alkohol zu ertragen versuchen. Caritas-Sozialarbeiterin Ramona Pold hat so etwas noch nicht erlebt. „Das Perfide ist, dass die alkoholkranke Menschen jetzt im Lockdown keine Einnahmen etwa durch Bettelei haben, sich quasi im Entzug befinden und natürlich solche Angebote annehmen. Der Reiz ist einfach zu groß.“ Warnungen auf allen Kanälen: Die Sozialarbeiter und Obdachlosenhilfsorganisationen warnen die Menschen auf der Straße nun über alle Kanäle, persönlich, online, per Telefon. Manuel Selle, Sozialarbeiter von der Zentralen Beratungsstelle des Diakonischen Werkes, findet es „schwer begreiflich, wie man gepantschten Wodka in den Umlauf bringen kann“. Gerade jetzt in der Kälte hätten es obdachlose Menschen besonders schwer. Er sieht Parallelen zu anderen Gewalttaten Obdachlosen gegenüber. „Es gibt ja Leute, die auf obdachlose Menschen in Schlafsäcken eintreten“, so Selle kopfschüttelnd. Letzter Vorfall vor sechs Tagen: Warum die Polizei erst sechs Tage nach dem zweiten Vorfall die Obdachlosenanlaufstellen informierte, konnte ein Sprecher nicht sagen. Die Polizei bittet aber alle Betroffenen beziehungsweise Zeugen von Vorfällen, sich direkt bei den Polizeidienststellen oder über Beratungsstellen für Obdachlose zu melden. Darüber hinaus wurden Hannovers Polizeiinspektionen und -kommissariate, deren Beamte auch zur Nachtzeit in Hannover unterwegs sind, über die vorliegenden Fälle informiert und sensibilisiert, heißt es. Von Petra Rückerl