Hannover: Schulen wieder im Präsenzunterricht

Drei Tage lag in den Schulen in Stadt und Umland der Präsenzunterricht wegen des Winterwetters auf Eis. Seit Donnerstag sind die Schulen wieder geöffnet. Das hatten am Mittwoch Stadt und Region verkündet. Die Wetterlage habe sich stabilisiert und auch die Probleme bei der Üstra „bieten keine hinreichende Grundlage für eine weitere Unterrichtsabsage“, lautete die Begründung. Doch nach NP-Recherchen gibt es mit der Pestalozzi-Grundschule in Misburg sowie der Grundschule Beuthener Straße in Mittelfeld mindestens zwei Schulen in Hannover, die den Präsenzunterricht dennoch weiter aussetzen. Die Verärgerung unter den betroffenen Eltern ist groß. Schulleitung spricht von katastrophalen Straßenverhältnissen: Die Schulleiterin der Pestalozzi-Grundschule begründet die weitere Schließung in einem Schreiben an Eltern und Schüler, das der NP vorliegt, sehr ausführlich und beklagt zunächst, dass die Stadt Hannover die Schulen immer erst sehr spät über neue Entscheidungen informiere. Mit dem Verdi-Streik am Donnerstag, zu dem auch Schulhausmeister und Verwaltungskräfte aufgerufen sind, kommt für die Leitung der Misburger Grundschule ein weiterer Grund hinzu, den Präsenzunterricht abzusagen. „Denn auch unser Hausmeister nimmt am Streik teil“, heißt es in dem Brief. Brisant: Die katholische Kardinal-Galen-Grundschule, die im selben Gebäude wie die Pestalozzischule ist, nahm am Donnerstag regulär den Präsenzunterricht wieder auf. Rechtfertigen diese Gründe weitere Schulschließung? Aus Sicht der Schulleitung gibt es neun weitere Gründe, die eine Öffnung unmöglich mache. So seien die Straßenverhältnisse weiter katastrophal, Autofahrten sowie Schulwege gefährlich. Der Schulhof sei wegen des Hausmeisterstreiks nicht geräumt, „auch fehlt wegen des streikenden Hausmeisters die Beleuchtung auf den Fluren“. Nicht alle Lehrkräfte könnten wegen eventueller Verkehrsbehinderungen zur Schule gelangen. Kinder kämen wegen des Schnees nass zur Schule oder würden es im Laufe des Schultages werden. Die Unfallgefahr im Gebäude würden wegen des Schnees steigen. Und: „Wir können bei diesen eisigen Temperaturen nicht, wie von der Landesschulbehörde gefordert, lüften, ihre Kinder würden sich erkälten.“ Alleinerziehende Mutter ist geschockt und beschwert sich: Die Schulleitung bittet die Eltern um Verständnis und schreibt zum Ende: „Es kann nur noch besser werden!“ Dénise Schaper ist alleinerziehend, ihre Tochter geht in die 1. Klasse der Pestalozzischule. Drei Tage hatte sich die Altenpflegerin wegen des unvorhergesehenen Schulausfalls bereits freigenommen. Als Schaper am Mittwoch das Schreiben der Grundschule las, war sie geschockt: „Ich kann es einfach nicht fassen mit welchen fadenscheinigen Gründen erneut die Schule geschlossen bleibt. Alle möglichen Menschen fahren seit Tagen normal zur Arbeit, aber Lehrern ist das nicht zuzumuten?“ In den Grundschulen Hannovers und den 13. Jahrgängen durfte am Donnerstag wieder Präsenzunterricht stattfinden. Abgesehen von Ausnahmen wie der Pestalozzi-Grundschule in Misburg. Weil der Schulhausmeister am Warnstreik der Stadt-Angestellten teilnahm, fiel hier erneut der Unterricht aus. Ist das ein ausreichender Grund? Die NP hat bei der Stadt Hannover nachgefragt. Unbestritten sei, dass der Streik eine zusätzliche Belastung für den Schulbetrieb sei, so eine Sprecherin der Stadt. „Dies sollte aber kein Grund für eine Schulschließung sein.“ Zudem könnte ein solcher Schritt nicht allein von der Schulleitung beschlossen werden. „Die Schule muss sich mit dem Land abstimmen und die Schulträgerin informieren.“ Genau das scheint aber nicht passiert zu sein. Die Stadtsprecherin: „Der Landeshauptstadt lag zu dieser Schulschließung keine Information vor.“ Ob das Konsequenzen haben werde, konnte sie gestern nicht sagen – das sei Sache des Landes. Die Sprecherin geht jedoch davon aus, dass der Unterricht am Freitag auch an der Pestalozzi-Grundschule stattfindet – die Wetterlage habe sich schließlich weiter stabilisiert. Die Mutter schrieb eine Beschwerde an das Kultusministerium. „Um 10.30 Uhr kam am Donnerstag dann eine Mail der Schule, in der es hieß, dass es nun doch eine Notbetreuung wird. Das ist doch lächerlich. Alle Eltern werden zu dem Zeitpunkt bereits eine Alternative organisiert haben“, so Schaper. Zudem wies die Leitung daraufhin, dass Präsenzunterricht ab sofort stattfinden müsse. „Aber das stand ja bereits am Mittwoch fest. Die Schule hat sich eindeutig den Vorgaben der Stadt widersetzt“, beklagt die Alleinerziehende. Verhindern Schnee und Eis Einhaltung von Corona-Regeln? Martin Preisigke, Leiter der Grundschule Beuthener Straße, begründet in einem Elternbrief das weitere Aussetzen des Präsenzunterrichts sowie der Notbetreuung damit, „dass die Sicherheit Ihres Kindes auf dem Schulgelände nicht gegeben ist“. Demnach sei bis Mittwoch kein Winterdienst gekommen, um die großen Schneemengen zu beseitigen. Auch seien Schultore eingefroren, der Pausenhof eine Eis- und Schneefläche und das Schuldach mit Schneemassen bedeckt. Preisigke: „Durch diese Einschränkungen können wir nicht die Hygiene- und Abstandsregeln in der Corona-Pandemie einhalten.“ Warum hat die Stadt die Entscheidung abgesegnet? Vergeblich habe der Hausmeister, der am Donnerstag ebenfalls gestreikt hat, noch am Mittwoch versucht, die Schneemassen zu räumen. Der Schulleiter betont, dass er die Entscheidung, seine Schule weiter geschlossen zu lassen, „in Rücksprache mit der Landeshauptstadt und des Schulelternrates getroffen“ habe. Die Stadt hat bisher auf Fragen der NP nicht geantwortet. Petra Müller (Name geändert) ist darüber fassungslos. Ihr ältestes Kind geht in die Beuthener Schule. „Seit Monaten wird Eltern und Kindern unfassbar viel abverlangt, doch anstatt pragmatische Lösungen zu finden, lässt die Schulleitung lieber weiter den Unterricht ausfallen“, sagt Müller. Ihr Verständnis sei langsam erschöpft und sie fragt: „Warum hat sich die Schule nicht einfach an uns Eltern gewandt, damit wir gemeinsam den Schnee wegschippen können?“ Von Britta Lüers

Hannover: Schulen wieder im Präsenzunterricht – aber zwei bleiben zu