Hannover: Prozess platzt, weil Richterin Fenster nicht schließen will

Die Pandemie treibt schon kuriose Blüten. In einigen Gerichtssälen gibt es mittlerweile Sauerstoffampeln. Bei „Rot“ wird erst mal eine Prozesspause gemacht und der Raum gelüftet. Nun hat das Corona-Virus am Mittwoch eine ganze Verhandlung gestoppt. Um genau zu sein, war es nicht der Erreger, sondern eine Sekundärfolge von Covid-19. Im Amtsgerichtssaal 2292 stand der mutmaßliche Einbrecher Janis R. (33) vor Gericht. Der Saal ist etwa 60 Quadratmeter groß und bot genug Abstandsmöglichkeiten. Es gab Plastiktrennscheiben auf den Tischen, die Richterin Tina L. (sie möchte ihren Namen nicht in der Zeitung lesen) ordnete noch eine Maskenpflicht für das Dutzend Prozessbeteiligte und Zuschauer an. Zudem waren auch noch alle drei Fenster geöffnet. An der Ecke Volgersweg/Augustenstraße dröhnten zwei Asphalt-Maschinen. Anwalt Christian Neumann bat deshalb darum, die Fenster zu schließen. Doch im strengen Ton antwortete die Richterin: „Bei so viel Leuten im Raum bleiben die Fenster offen.“ Ferner gab sie noch einen profunden Einblick in die Arbeitswelt: „Die Bauarbeiter machen doch eh immer Pause.“ So verlas die Staatsanwältin mit sehr lauter Stimme die Anklage. Am 2. Juli 2020 soll Janis R. in eine Wohnung in der Calenberger Neustadt eingestiegen sein. Dort wechselte er seine Kleidung – seine getragene Sachen ließ er dort, weshalb die Polizei seinen Ausweis fand. Die Gussasphalt-Maschinen dröhnten unentwegt weiter. Anwalt Neumann sprach zu der Richterin, dass er eine Erklärung für seinen Mandanten abgeben wolle. Daraufhin erwiderte die Dolmetscherin: „Ich verstehe kein Wort.“ Das ist allerdings auch kein Wunder. Neumann sprach mit Maske vor dem Mund zur Richterin, abgewandt von der Dolmetscherin. Zwischen ihm und der Übersetzerin befand sich auch noch eine Trennscheibe. Da reichte es dem Anwalt. „Ich beantrage die Aussetzung des Verfahrens. Das ist keine Art, sich hier stundenlang anzuschreien.“ Die Verhandlung war auf zwei Stunden angesetzt. Die Richterin zog sich zurück, ordnete aber an, dass alle Personen den Gerichtssaal zu verlassen haben. Das wiederum verstand wegen des Baulärms niemand. Was wiederum für Kopfschütteln bei Tina L. sorgte, als sie in den Gerichtssaal zurückkehrte. Am 13. Januar beginnt der Prozess von Neuem. In der Hoffnung, dass dann eine dem Gericht würdige Verständigung möglich ist. Lesen Sie auch: Burgdorf: Amtsgericht Burgdorf setzt Strafprozesse wegen Corona aus Hannover: Risikopatientin klagt auf PC-Kosten für Homeschooling Hannover: Verwaltungsgericht bestätigt Auflagen bei Anti-Corona-Demo Von Thomas Nagel