Mord in der Meterstraße: Staatsanwaltschaft beantragt lebenslange Haft

Tief gebeugt verfolgt Patrick S. (35) das Plädoyer von Staatsanwältin Wiebke Gratz. Sie hat am Freitag eine lebenslange Haftstrafe mit besonderer Schwere der Schuld (das bedeutet etwa 25 Jahre Haft) für den 35-Jährigen beantragt. Er habe „heimtückisch und aus niederen Beweggründen“ Sophie N. (23) am 11. Januar 2020 in der Meterstraße (Südstadt) ermordet. Es sei die lang geplante Tat eines Stalkers gewesen. Der Tatablauf: Einen Tag vor dem Mord drang der Angeklagte über den Balkon in die Wohnung des Opfers ein. Dann wartete er ab, bis sie am Abend des 11. Januar auf Toilette ging. Mit Sturmhaube und Brille, ganz in schwarz gekleidet, überwältigte er sein Opfer. Zwei Mal stach er mit großer Wucht in den Hals. Zuvor hatte er sie mit Pfefferspray und heftigen Schlägen auf den Kopf überwältigt. „Bei der Tat ist keinerlei Hemmschwelle, keinerlei Zögern erkennbar“, sagte die Staatsanwältin. Täter stellte sich nach dem Mord bei der Polizei: Nach der Tat stellte sich Patrick S. in seinem Heimatort Dessau (Sachsen-Anhalt). In seinem Auto wurde die Tatwaffe gefunden, sowie Blutspuren des Opfers an seiner Kleidung. Ein klarer Fall. Dennoch verhandelte die Schwurgerichtskammer seit Juli 2020. Denn der Angeklagte schwieg vor Gericht. Nur gegenüber dem psychiatrischen Sachverständigen sprach er viel über sich und wenig bis gar nicht über die Tat. Nur so viel: Er wollte Sophie verhören, aber nicht töten. Eine widersinnige und widerlegte Behauptung, so Gratz. Aus Sicht der Staatsanwältin reiften die Mordpläne bereits Monate vorher. Die attraktive, lebenslustige Sophie hatte Patrick im Sommer 2018 unmissverständlich erklärt, dass er aus ihrem Leben verschwinden solle. Danach habe er sich mit klarer „Schädigungsabsicht“ gestalkt. Er schaffte sich einen Glasschneider an, Sturmhaube, Messer, Pfeffer- und KO-Spray an. Angeklagter zeigt keine Reue: Patrick S. habe vor Gericht keine Reue gezeigt. „Er hat auch keine Verantwortung für die Tat übernommen.“ Im Gegenteil. Er habe dem Opfer einen Teil der Schuld an der Tötung zugeschrieben. Denn er sei nicht abgehauen, weil sich die junge Frau an ihm festgehalten und ihn gebissen habe. Die Spurenlage gebe das nicht her. Der Anwalt der Mutter von Sophie beschrieb das Stalking des Angeklagten und die Diffamierung des Opfers anhand nackter Zahlen: „Es gab 50 Fakeprofile im Internet. Ein gefälschtes Pornovideo mit Sophies Stimme. Telefonterror mit bis zu 100 Anrufen am Tag“, so Anwalt Marco Bennewitz. Er beschrieb eindrücklich, wie unterschiedlich Täter und Opfer waren. Patrick S. sei ein zweimaliger Studienabbrecher, der mit Mitte 30 immer noch bei den Eltern lebte und nie in einem erlernten Beruf gearbeitet habe. Sophie hingegen war beliebt und habe stringent und erfolgreich ihren Plan verfolgt, Stewardess zu werden. Der Angeklagte sei aufdringlich, ignorant und gegenüber Frauen übergriffig. „Er hat keine Empathie und setzt seine Interessen ohne Rücksicht auf Andere durch.“ Die Mutter von Sophie übte Kritik an der Polizei, die die Strafanträge ihrer Tochter nicht ernst genug genommen hätten. Die Frau ist durch das Verbrechen gebrochen worden. „Jeder Tag ohne Sophie ist ein verlorener Tag.“ Sie beschrieb Patrick S. als „kalten, berechnenden Menschen“. Und der Mord und das Stalking ihrer Tochter wird noch lange präsent bleiben. Noch immer existieren 30 Fake-Profile von ihrer Tochter und auch von der Mutter im Internet. Lesen Sie auch Prozessauftakt in Hannover: Stalker schweigt zum Frauenmord Hannover: Stalker gesteht Mord an Stewardess Hannover: Erstochene Stewardess - öffentlicher Zeugenaufruf brachte bislang keinen Durchbruch Von Thomas Nagel

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