Hannover: Gedanken an Privatisierung der Altenheime löst Alarm aus

Manfred Ihbe ist so richtig sauer. „Schon wieder denkt die Stadtspitze über eine Privatisierung der Altenheime nach“, schimpft der 69-Jährige. Auch wenn die dann 2021 im Jahr der Kommunalwahl vielleicht doch nicht umgesetzt werde, löse schon die Diskussion jetzt Alarmstimmung aus. „Jeder weiß, dass in irgendeiner Schublade Folterwerkzeug liegt, das wieder und wieder rausgekramt wird.“ Mindestens zwei Vorschläge zur Privatisierung sind dem ehemaligen Bankkaufmann noch sehr gut in Erinnerung. Der erste war Mitte der 90-er Jahre im Zuge erster Haushaltskonsolidierung entstanden. Den zweiten brachte der damalige Stadtkämmerer Marc Hansmann auf. Aktuell soll die Unternehmensberatung KPMG im Auftrag der Stadt über solche Szenarien nachdenken. Kampf in Netzwerken aufgenommen: Ihbe hält davon gar nichts. Der Vorsitzende der Bewohnervertretung im Heinemanhof hat den Kampf gegen die neuen Privatisierungsideen schon Ende November nach dem ersten Bericht in der NP aufgenommen. „Facebook und Twitter sind für mich ein Zeitvertreib“, erzählt der Mann, der wegen einer neurologischen Störung im Rollstuhl sitzt und die Pflegestufe 3 hat. Kaum hatte er gelesen, dass die Stadt gemeinsam mit Unternehmensberatern nach sogenannten „quick wins“ (schnelle Gewinne) forscht und Personal abbauen will, ließ Ihbe seinen Frust im sozialen Netzwerk los. „Quick wins“ sei „Zynismus“ und „bester Kneipenslang“ in der Betriebswirtschaftslehre. „Wer sich mit Unternehmensberatungen wie KPMG einlässt, darf sich über die Folgen nicht wundern. Weil Altenpflege Geld kostet, schlagen diese Leute vor, dass sie eben weg muss.“ „Schnell positionieren“: „Die SPD, in der ich auch Mitglied bin, sollte sich hier schnell und nicht nach langwierigen Gremienberatungen positionieren“, findet der Sprecher der 150 Bewohner. Leider sei seiner Partei alles andere wichtiger als die städtischen Altenheime. „Themen wie Baukräne in Neubaugebieten“ stießen da auf mehr Interesse. Ihbe ist in großer Sorge, dass sich die Stadt (ähnlich wie die Region Hannover) irgendwann von ihren Altenheimen trennt – vom Herta-Meyer-Haus, dem Heinemanhof, dem Willy-Platz-Heim, dem Margot-Engelke-Zentrum, dem Anni-Gondro-Pflegezentrum im Eichenpark und den Hausgemeinschaften im Klaus-Bahlsen-Haus. „Die Diskussion ist ein Schlag ins Gesicht von Pflegekräften und Bewohnern“, sagt er. Kein Tariflohn mehr? Komme die Privatisierung, würden die Pflegekräfte schlechter bezahlt und die zu Pflegenden schlechter betreut, ahnt der 69-Jährige. „Damit der Gewinn für ihn stimmt, wird der Betreiber eben keinen Tariflohn mehr zahlen und am Betreuungsschlüssel sparen.“ Dabei wäre gerade jetzt ein höherer Lohn fair: „In Heinemanhof leistet das Pflegeteam unglaublichen Einsatz im Kampf gegen Covid-19 und eine gleichzeitige Magen-Darm-Infektion.“ Ihm schlägt nun auch der Gedanke an betriebswirtschaftliche „Folterwerkzeuge“ auf den Magen. Lesen Sie auch Hannover: Stellen streichen als „quick win“ – Rede des Kämmerers empört Hannover: Tarifvertrag ausgelaufen - Beschäftigte der Stadt sammeln Unterschriften Von Vera König