Hannover: Der Abriss am ehemaligen Kaisercenter läuft

Hartmut Decker hat extra das Handy rausgeholt und knipst die Hallen, in denen er mal sportlich aktiv war. „Solange davon was übrig ist“, sagt der 66-jährige Lindener, der mit dem Pedelec vom Lichtenbergplatz hergeradelt ist, „um noch ein letztes Foto zu machen von unserem Kaisercenter.“ Kurz nach der Eröffnung des zu seiner Zeit größten Sport-Centers der Stadt besuchte Decker Mitte der 80er-Jahre die Institution am Fischerhof zwischen Ricklingen und Linden. „Ich glaube, ich bin mit meiner Frau erst mal in die Sauna gegangen“, sagt er und zeigt vage zwischen ein paar Stahlträger, die noch stehen. Tennis, Badminton, Squash: 2020 hat das Aachener Start-up BOB (steht für Balanced Office Building) das Center auf dem Gelände der ehemaligen Kaiser-Brauerei gekauft. Pläne, den ziemlich heruntergekommenen Komplex zu einem Studentenwohnheim zu machen, hatten sich für den damaligen Besitzer zerschlagen. 1983 war das Kaisercenter mit großem Tamtam eingeweiht worden, es gab eine Tennishalle, Badminton- und Squashplätze, eine Kegelbahn, ein Fitnesscenter, mehrere Saunen. Zuletzt war der populäre Freizeitsport-Ort, in dem sich auch viele Betriebssportmannschaften regelmäßig einbuchten, unter dem Namen Kaifi-Lodge weitergeführt worden. Am Ende rechnete es sich wohl nicht mehr, noch vor Beginn der Corona-Krise war Schluss. Neues Bürogebäude entsteht: BOB will dort nun „Hannovers energieeffizientestes Bürogebäude errichten“, wie Unternehmenssprecher Volker Zappe verspricht. Nach einem Entwurf der hannoverschen Agsta-Architekten soll ein Komplex aus mehreren Klinkerbauten, wie sie in Hannover gerade oft gebaut werden, entstehen, das Haupthaus hat sieben Geschosse. Auf der Grundstücksgröße von 6100 Quadratmetern sollen 23.000 Quadratmeter Mietfläche entstehen, der Baubeginn ist jetzt fürs 1. Quartal 2022 terminiert, genau ein Jahr danach soll der erste Abschnitt bezugsfertig sein. Schon jetzt werden gewerbliche Mieter gesucht, „das Interesse ist spürbar“, sagt Zappe, „wir merken, dass der Standort zu den bekanntesten in Hannover gehört.“ BOB engagiert sich nahe dem S-Bahnhof Fischerhof auch deshalb, „weil wir für umweltgerechte Mobilität stehen, die Anbindung mit S- und Stadtbahn ist optimal, die Location ist mit dem Rad perfekt erreichbar.“ Dritte Phase: Der Abbruch: Vor dem Bauen steht das Abreißen – und das macht die Baustelle gerade zu einer Sehenswürdigkeit, für die ehemalige Kaisercenter-Freunde wie Hartmut Decker sogar ein paar Kilometer fahren. „ In der ersten Demontage-Phase haben wir einen Teil der Inneneinrichtung verschenkt, in der zweiten Phase haben wir alles bis auf den Rohbau runter entkernt, nun sind wir in der dritten Phase – dem Abbruch“, sagt Volker Zappe. Spezialfirmen zerkleinern den Beton, lassen die Tragekonstruktionen wieder sichtbar werden, sortieren und trennen, was in den Recycling-Kreislauf kann, so wie der Stahl vom Stahlbeton oder die Bleche der Außenverkleidung. 84.000 Kubikmeter Abbruchmaterial fallen an, 85 Prozent davon sollen wiederverwendet werden. Die Villa direkt am Ricklinger Stadtweg, die mal eine kleine Spielhalle beherbergte, steht noch komplett, „aber auch die kommt natürlich bald weg“, versichert Zappe, der schon vom BOB-Bürokomplex schwärmt: mit viel Tageslicht, automatischer Belüftungsanlage, besten Materialien. „Sport werde ich da drinnen sicher nicht mehr treiben“, sagt Hartmut Decker, bevor er sich wieder aufs Fahrrad schwingt, „aber irgendwann kommt ja eh alles neu. Meistens nach 30 Jahren.“ Bis das Kaisercenter ganz Geschichte ist, sind sogar fast 40 vergangen. Von Christoph Dannowski