Hannover: 30.000 Studierende sollen zur Präsenprüfung antreten

Für Prüfungen per Videoschalte sei der Aufwand einfach zu groß: Rund 30.000 Studierende der Leibniz-Universität Hannover (LUH) wurden für die kommenden Wochen zu Präsenzprüfungen nach Hannover geladen. Die Studentenvereinigung Asta kritisiert dies als „großangelegtes Experiment“. Die Uni zwinge Studierende zwischen Bildungserfolg und Gesundheit zu wählen und verlangt alternative Lösungen. Auch andere Hochschulen, wie etwa die Uni Oldenburg, führen auch Präsenzklausuren durch, räumt Asta-Sprecher Tobias Kiene ein. Allerdings liegen die Inzidenzwerte dort mit rund 30 weit unter denen von der Region Hannover. Auch die Mutationen des Corona-Virus (40 Prozent in Hannover) machen den Studierenden sorgen. „Viele mussten aus finanziellen Gründen ihren Wohnort zurück in ihre Heimat verlegen. Dies bedeutet somit auch, dass eine Anreise meist über den ÖPNV stattfindet und daher sogar landes- und bundesweite Auswirkungen haben könnte“, so der Asta-Sprecher. Nichtteilnahme gilt nicht als Fehlversuch: Die Universität verteidigt ihr Vorgehen. So habe man sich vor dem Hintergrund der Infektionslage zuletzt entschlossen, die Präsenzprüfungen für den gesamten Februar auszusetzen. „Viele Lehrende sind dem Appell gefolgt, ihre Prüfungen umgehend auf Online-Formate oder alternative Prüfungsformen umzustellen“, so Sprecherin Mechthild von Münchhausen. „Fakt ist aber, dass nicht alle Prüfungsleistungen online oder über andere Prüfungsformen abgeprüft werden können. Dies gilt namentlich besonders für die ingenieurwissenschaftlichen Fächer.“ Es bleiben trotz Abzügen rund 30.000 Studierende, für die keine andere Lösung infrage kommt. Außer diese: „Im Unterschied zu vielen anderen Hochschulen ist an der Leibniz Universität niemand verpflichtet, Präsenzklausurtermine wahrzunehmen. Die Nichtteilnahme gilt nach den hiesigen Prüfungsordnungen nicht als Fehlversuch“, so von Münchhausen. Die Prüfung kann zu einem späteren Termin abgelegt werden. Nach einem Jahr noch keine alternativen Konzepte? Für die Asta ist das aber keine Alternative: Für einen Großteil wäre ein Verschieben mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden – Stoff muss erneut vertieft und gelernt werden, möglicherweise parallel zu anderen Prüfungen. „Um die Situation endlich hinter sich zu bringen, würden viele Studierende sogar trotz vorhandener Symptome zu einer Klausur erscheinen“, hat eine Umfrage unter Studierenden ergeben. Deshalb fordert die Asta nicht die Absage der Prüfungen, sondern „alternative Konzepte, wie man es von einer Innovationstreiberin wie der LUH nach einem Jahr Corona erwarten kann.“ Die Universitätsverwaltung verweist dagegen auf Maskenpflicht und strenge Hygienevorschriften – so würde etwa der 500 Personen fassende Audimax mit 80 Personen belegt – und auf den niedersächsischen Stufenplan, der Präsenzprüfungen bis zu einer Inzidenz von 200 ermöglicht. Von Simon Polreich