Hausärzte starten mit dem Impfen: 30 Dosen als Anfang vom Ende der Pandemie

Heute Nachmittag wird ein Lieferwagen die begehrte Fracht auch nach Kirchrode bringen. 30 Impfdosen des Biontech-Vakzins. In der Tiergartenstraße 126 hat Dr. Rainer Haul seine Hausarzt-Praxis. Seit 36 Jahren praktiziert der 69-jährige Arzt für Allgemeinmedizin im Herzen des Stadtteils. Gemeinsam mit seiner Tochter Johanna (39), die bald die Leitung übernehmen soll. Gemeinsam mit Ehefrau Elke, die als Versorgungsassistentin unersetzlich ist, und gemeinsam mit zwei weiteren Mitarbeiterinnen. Haul wartet fast sehnsüchtig auf den Impfstoff, der in der Corona-Krise für die Hoffnung steht. Für das Licht am Ende des langen Tunnels. Für das Ende der weltweiten Pandemie. „Wie viele Kollegen habe ich schon viel früher in den Startlöchern gestanden“, sagt der in ganz Kirchrode bekannte Mediziner, „ich bin froh, endlich an der Pandemiebekämpfung teilnehmen zu können.“ Patienten werden im Computer nach Vorerkrankungen ausgewählt: Rund 1500 Patienten betreut die Praxis Haul, teilweise seit Jahrzehnten, teilweise schon die dritte Generation. „Wir kennen unsere Patienten lange und meistens gut“, sagt Elke Haul, „wir können die aus dem Computer rausfischen, die von den Vorerkrankungen her als erste dran sind. Wir wissen, wer wann und wie schnell geimpft werden muss oder zumindest sollte.“ 30 Impfdosen, „das ist zumindest ein Anfang“, sagt Rainer Haul. Alleine 80 Patienten haben schon von sich aus angerufen und um eine baldige Impfung durch den Hausarzt gebeten, so haben die Hauls eine eigene Warteliste angelegt. Kurz vor Ostern konnte das Ehepaar die erste Charge bestellen, „zwischen 20 und 50 Dosen sind uns angekündigt worden“, 30 sind es geworden. Am morgigen Mittwoch kommen die ersten Impflinge in die Praxis, „wir haben genügend Räume und können das gut vom Normalbetrieb trennen“, sagt der Arzt. Ob er ein wenig aufgeregt ist? „Ich finde das nicht aufregender als die vielen anderen Impfungen, die ich schon vorgenommen habe“, sagt Haul, der auch Heimpatienten versorgt und deshalb bereits selbst geimpft ist. Ohne jegliche Nebenwirkungen übrigens, wie Haul hinzufügt: „Ich bin nach dem Piks im Heim auf mein Fahrrad gestiegen und in die Praxis gefahren.“ Der Verwaltungsaufwand für die Corona-Impfung sei allerdings „wirklich gewaltig“, sagt Rainer Haul, „pro Patient mehrere DIN-A-4-Seiten.“ „Erleichterung durch den Hörer gespürt“: Gut zwei Stunden hat Elke Haul telefoniert, um die Impflinge für die ersten 30 Dosen zu erreichen und Termine zu klären. „Ich habe die Erleichterung durch den Hörer gespürt“, sagt die erfahrene Praxiskraft, „die meisten waren sehr, sehr dankbar und bedankten sich für die tolle Nachricht.“ Kein einziger Angerufener wollte den ihm zugewiesenen Termin verschieben, und so kommen die 30 ab morgen Früh, neun Uhr. „Bis Freitag müssen die 30 Dosen verimpft sein“, sagt Haul, „nach dem Wochenende sind sie verfallen.“ Haul impft nicht nur in der Praxis, für zehn der 30 Dosen steigt er ins Auto: „Es sind auch Hausbesuche dabei“, bestätigt er, „wir haben bettlägerige Patienten, die können nicht einfach in die Praxis kommen. Da muss ich hin, und das mache ich gerne.“ Lesen Sie auch Was es über den Impfstart in Niedersachsens Hausarztpraxen zu wissen gilt Hannover: Wieder Verstöße gegen die Ausgangssperre Querdenker-Demonstration in Hannover: Polizei schützt Haus von Ministerpräsident Stephan Weil Der Allgemeinmediziner hält sich an die vorgegebene Impfpriorisierung, nicht immer spielt allerdings das Alter die entscheidende Rolle. „Eine der ersten, die ich angerufen habe, und eine der ersten, die kommen wird, ist eine 40-Jährige mit chronischer Darmentzündung“, er-zählt Elke Haul. Die Frau steht nach eigenen Angaben als Vorerkrankte seit vier Wochen auf der Warteliste des Impfzentrums auf dem Messegelände in Laatzen, „und freut sich wahnsinnig, dass sie nun dran ist mit ihrer Impfung und zu uns in die Praxis kommen darf.“ Elke und Rainer Haul müssen in den nächsten Wochen zweigleisig fahren – neben der normalen Sprechstunde: „Jeweils dienstags müssen wir den Impfstoff bestellen, jeweils donnerstags bekommen wir Nachricht, wie viele Dosen wir Montag bekommen. Dann muss Dienstag bis Freitag geimpft werden, und parallel müssen wir die nächsten Patienten einbestellen“, sagt Elke Haul. „Das machen wir gerne“, sagt Rainer Haul, „Impfungen sind doch die einzige echte Chance auf unser altes Leben.“ Von Christoph Dannowski

Hannover: 30 Dosen Corona-Impfstoff als Anfang - Hausärzte können Biontech verimpfen