Die wichtigsten Entscheidungen aus Hannovers Ratsversammlung

Die Sitzung wird sehr lange dauern. Das ist allen Ratsmitgliedern schon zum Auftakt klar. Die Gruppe Linke und Piraten hat eine aktuelle Stunde beantragt, für die Diskussionen und Abstimmungen gegen 17 Uhr unterbrochen werden. Dabei soll es ums Nato-Manöver „US Defender Europe 2020“ gehen. Im Rahmen dieses Manövers wird mehr als eine Division Soldaten bis zur russischen Grenze gebracht. 37.000 Soldaten bewegen sich dabei durch den Raum Hannover. Linke und Piraten zweifeln an, dass dieses Manöver Frieden und Völkerverständigung dient. Obwohl dieses Thema nicht wirklich die Kommunalpolitik in Hannover berührt, gibt es laut Geschäftsordnung keine Möglichkeit, auf Nichtbefassung zu entscheiden. Das Ampelbündnis, aber auch die CDU plädiert dafür, dass sich nur jeweils ein Fraktionsmitglied zum Thema äußert – und zwar kurz. Keine Tribüne fürs Fössebad: Vergeblich hat sich die CDU-Ratsfraktion für den Bau einer Zuschauertribüne im Fössebad stark gemacht. 21 Ratsmitglieder waren dafür, 36 dagegen. Der Zeitpunkt für den Wunsch sei geeignet, weil entgegen ersten Planungen jetzt eben doch ein Freibadbereich vorgesehen sei, hatten die Christdemokraten argumentiert. Beim Ampelbündnis blitzte sie ab. „Mehrkosten in Höhe von einer Million Euro“, rechnet für die Grünen Mark Bindert der Opposition vor. „Schwimmen lernt man im Wasser, nicht auf Tribünen“, spöttelte für die SPD ihr sportpolitischer Sprecher Angelo Alter. Große Mehrheit für Obdachlosenheim: Keine Diskussion über die Einrichtung einer Obdachlosenunterkunft in der Kleefelder Straße 21. Bei nur zwei Enthaltungen (von den Hannoveranern) hat der Rat zugestimmt, dass in dem früher als Schwesternwohnheim der Kinderheilanstalt genutzten Gebäude rund 100 untergebrcaht werden. Anwohner im Zooviertel hatten große Sorgen geäußert über den Wertverlust von Immobilien, von Verschmutzungen in der Umgebung und der Entwicklung zu einem Treff von Trinkern. Schon Bauausschuss und Sozialausschuss hatten dem Kauf der Immobilie von der Stiftung Kinderheilanstalt und die Umwandlung zugestimmt. Sozialdezernentin Konstanze Beckedorf hatte mit Hinweis auf dringenden Bedarf an neuen Unterkünften gesagt. „Ich sehe die Sicherheit nicht gefährdet, wenn wir Menschen, die in Not sind, Obdach bieten.“ Die Stadt sei gesetzlich, aber auch menschlich in der Pflicht, Menschen einen geschützten Raum zu geben, die kein eigenes Dach über dem Kopf hätten. Einer redet für alle: Das gibt’s im Rat selten: SPD-Fraktionschef Lars Kelich redet für SPD, CDU, Grüne und FDP. Stellvertretend für sie sagt er: „Wir erkennen nicht, wo der Sinn dieser aktuellen Stunde liegen soll“. Diplomatie sei das Mittel der Außenpolitik, nicht Waffengewalt. Die Bundesrepublik sei verlässlicher Partner auf internationaler Bühne als Mitglied der EU ebenso wie als Mitglied des Nato-Verteidigungsbündnisses. Verpflichtungen in diesem Bündnis müsse nachgekommen werden, „sofern sie nicht dem Geist des Grundgesetzes widersprechen“ – und das mache ein Manöver sicherlich nicht. „Endlich eine aktuelle Stunde von Format“, findet Julian Klippert von der Spaß- „Fraktion“. Er hätte allerdings begrüßt, über 75 Jahre Befreiung des KZ Auschwitz zu debattieren. „Dirk Machentanz von der Linken war von der Ablehnung einer Diskussion enttäuscht: „Keine Sternstunde des Rates“. Ex-OB Schostok verzichtet auf Patronat: Im Marktkirchenvorstand ist Ex-OB Stefan Schostok künftig nicht mehr vertreten. Die Stadt ist Patronin der Gemeinde und deshalb mit einem Vertreter in dem Gremium vertreten. Schostok hat darum gebeten, ihn von diesem Amt zu entbinden – zumal er als OB im Juni zurücktrat. Sozialdezernentin Konstanze Beckedorf wird diese Aufgabe wahrnehmen. Voraussetzung, so hat der Rat auf Nachfrage von Tobias Braune (parteilos) erfahren, ist die Mitgliedschaft in der evangelisch-lutherischen Kirche. Viel Hoffnung fürs Ihme-Zentrum: Nach jahrelangem Stillstand im Ihme-Zentrum mag die Ratspolitik nicht mehr an Fortschritte glauben. Linke und Piraten stellen deshalb eine Anfrage zum aktuellen Stand der Sanierungsarbeiten – OB Belit Onay antwortet und gibt Anlass zur Hoffnung. „Seit der Übernahme durch die Civitas Property Group (hinter der Investor Lars Windhorst steckt) hat sich die Projektkommunikation deutlich gebessert“. Die Arbeiten verliefen planmäßig. Ein Sachverständiger untersuchte die Betonstruktur. Anschließend sollen Sanierungsleistungen ausgeschrieben werden. Die Arbeiten, so die Auskunft, würden im Sommer 2020 beginnen. Diese Arbeiten seien auch für die Sanierung der Fassade erforderlich. Die Fassadenarbeiten wurden neu ausgeschrieben von der Projekt IZ Hannover GmbH. Sie ist ebenfalls zuständig für die künftigen Wege und Tunnel, hat die Planung europaweit ausgeschrieben. Die Fassade im Erd-und im ersten Obergeschoss muss laut Mietvertrag mit der Stadt für das Gebäude Ihmeplatz 5 bis zum 30. Juni 2021 fertiggestellt sein. Falls Betonsanierung oder Schließung von Fassadenflächen für die Entwicklung von gewerbeflächen „eine erhebliche Behinderung“ darstellen, gilt eine Nachfrist von einem Jahr –allerdings nur für Teile und maximal 30 Prozent. Werden diese Termine nicht eingehalten und die Nachfristen ebenfalls nicht, kann laut Onay die Stadt den Mietvertrag außerordentlich kündigen. Sie würde dann “einen pauschalierten Schadensersatz von bis zu 2,4 Millionen Euro“ erhalten. Die Stadt hat sich dieses Geld in Form einer Sicherheit hinterlegen lassen. Auch für die von der Stadt gemieteten Flächen gilt bei nicht zeitgerechter Fertigstellung ein Sonderkündigungrecht, so Onay. vereinbart ist zusätzlich eine Vertragsstrafe von 400 Euro je Werktag –höchstens aber 750.00 Euro. Die Projekt IZ Hannover GmbH sucht mit einem Team von Maklern nach Gewerbemietern. „Die Resonanz soll sehr positiv sein“, sagt der OB. Ein erster Bauantrag für einen Teilbereich solle im ersten Quartal dieses Jahres eingereicht werden. Ziel ist die Vermietung von 9000 Quadratmetern bis Jahresende 2021. das entspreche, teilt der OB mit, einem Drittel der Handelsflächen. Erster Bürgermeister erkrankt: Regina Kramarek (Grüne) leitet die Sitzung. der Erste Bürgermeister Thomas Hermann ist erkrankt. Schon gegen das Protokoll der vorangegangenen Sitzung hat die AfD Einwände. Fraktionsvize Reinhard Hirche stört sich daran, dass in einer seiner wiedergegebenen Wortbeiträge das Gender-Sternchen zu finden ist: „So einen Quatsch lasse ich nicht mit mir machen.“ Die AfD ist diesmal als Erste mit Anfragen dran. Sie moniert „skandalöse hygienische Zustände“ während des Frauenschwimmens im Vahrenbalder Bad. Die Erste Stadträtin Sabine Tegtmeyer-Dette antwortet, derzeit sei der Sicherheitsdienst dann um vier Personen aufgestockt –mit Kosten von 30.838,88 Euro im Jahr 2019. Im Anderter Bad, so die nächste Information, gibt’s ein Angebot fürs diverse Geschlecht. Die Stadt nennt das „Trans*Inter*Schwimmen“. AfD-Mann Hirche findet Sicherheitspersonal überflüssig. Viel besser sei es, „da drei Sozialarbeiter hinzustellen und den Frauen beizubringen, wie das hier in Deutschland läuft“. Von Vera König

Kommunalpolitik aktuell - Ihme-Zentrum, Fössebad, Obdachlosenheim: Das sind die wichtigsten Ratsentscheidungen aus Hannover