Corona: Lassen Bund und Länder die Studierenden im Stich?

Sie sind auf ihre Minijobs angewiesen, finanzieren sich mit ihren Nebeneinkünften das Studium – doch durch das Coronavirus verändert sich auch ihr Leben: Studierende stehen vor finanziellen Engpässen. Max Lorenz ist einer von ihnen. Der 26-jährige Student darf durch das Coronavirus nicht mehr im Kulturzentrum Faust arbeiten. Dabei ist er auf die 450 Euro, die er zusätzlich zu seinem Bafög bekommt angewiesen. „Momentan bin ich froh, dass ich einen Dispo habe“, sagt er leicht zynisch. Doch seine Realität trifft das gut. Zwar erhält er vom Staat rund 750 Euro elternabhängiges Bafög, doch davon muss Lorenz seine Miete stemmen, Studienmaterial anschaffen und seinen Krankenkassenbeitrag zahlen. Lebensmittel hat er davon noch nicht bezahlt. „Mit dem Rest könnte man am Ende zwar sehr eingeschränkt über die Runden kommen, aber ich habe auch noch einen Kredit abzubezahlen. Dadurch sieht es für mich eng aus.“ Vor allem, wenn die Krise weiter anhält. Lorenz wünscht sich deswegen, dass der Staat auch für solche Fälle Regelungen schafft. „Ich weiß, dass in dieser Zeit viele Menschen noch viel schlimmer in ihrer Existenz bedroht sind, aber auch wir Studierenden befinden uns notgedrungen in einer Situation, in der wir nicht sein wollen.“ Er wünscht sich deshalb, dass zumindest ein kleiner Ausgleich geschaffen werde. „Wenn wir wenigstens eine anteilige Summe der 450 Euro überwiesen bekämen, würde das schon helfen.“ Die Rückerstattung eines Teils der Studienbeiträge wäre für ihn ebenfalls eine Option – auch wenn es ihm lieber wäre, wenn der Unterricht nachgeholt werden könnte. Studienbeiträge zurückerstatten? Lorenz, der Musik und Politik auf Lehramt studiert, ist von dem Unterricht an der Hochschule für Musik, Theater und Medien abhängig. „Wir haben zum Teil Einzelunterricht, der jetzt komplett ausfällt und nicht online nachgeholt werden kann“, erklärt er. Das sei für das ohnehin schon kurze Semester schwierig. Eine finanzielle Anrechnung fände er deswegen fair. Rufus Giesel (25) spricht sich ebenfalls dafür aus, dass man den Studierenden entgegenkommt. „Ich würde mich freuen, wenn uns der Staat dabei helfen würde, die Mieten zu bezahlen oder dafür sorgt, dass in der Zeit der Coronakrise der Eigenanteil für die Krankenkassen wegfällt.“ Giesel studiert in Lüneburg Kulturwissenschaften. Vor der Coronakrise hat sich der gelernte Veranstaltungskaufmann seinen Lebensunterhalt damit verdient, in Hannover Partys und Konzerte zu organisieren. „Ich bin mir sicher, dass das Verbot von Veranstaltungen eine der letzten Regelungen ist, die vom Land aufgehoben wird“, sagt er. Deswegen gehe er von einer längeren finanziellen Flaute aus. Mit den Forderungen stehen die beiden Studierenden nicht alleine da. Auch der allgemeine Studienausschuss der Leibniz Universität (Asta) sieht das Problem. „Momentan werden ganz viele Projekte auf den Weg gebracht, doch niemand weiß, in welcher Hinsicht Studierende davon überhaupt profitieren“, sagt Carsten Bierbach. Auch er fordert deswegen, dass sich Bundes- und Landesregierung auf den Weg machen, Studierende in dieser Zeit zu unterstützten. Er fordert, dass Soforthilfen von bis zu 2500 Euro vergeben werden. Die Auszahlung solle ohne Bedürftigkeitsprüfung erfolgen. Eine Rückerstattung der Studienbeiträge lehnt Bierbach dagegen ab: „Das trifft die Studentenwerke und ist nicht hilfreich.“ Um die Forderung durchzusetzen, hat Nicole Gohlke, Bundestagsabgeordnete der Linken, bereits einen offenen Brief an Bundeswissenschaftsministerin Anja Karliczek geschrieben. Darin heißt es, dass dringend Schritte ergriffen werden müssen, um Studierenden Sozialkredite zu gewähren. Diese sollten „formlos und rückzahlungsfrei“ erfolgen. Grüne fordern Kurzarbeitergeld auch für Studierende: Julia Willie Hamburg, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, sagte am Dienstag in Hannover, dass man bereits auf Bundesebene gefordert habe, dass Studierende ebenfalls vom Kurzarbeitergeld profitieren sollen. „Wenn genau feststeht, welche Gelder der Bund zur Verfügung stellt, ist es wichtig, dass das Land nachjustiert. Diese Gruppe dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren.“ In der niedersächsischen Landesregierung schiebt man sich in der Frage der Zuständigkeit derweil gegenseitig die Verantwortung zu. Eine Sprecherin des CDU-geführten Ministeriums für Wissenschaft und Kultur teilte auf NP-Nachfrage mit, dass sich für Studierende, die Bafög beziehen, nichts an dem Satz ändere. „Wer neben seinem Studium selbständig arbeitet, wird voraussichtlich Hilfe aus dem neu aufgelegten Bundesprogramm für Soloselbständige erhalten.“ Dies bestätige Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU). Für all diejenigen, die sich mit Minijobs ihren Lebensunterhalt verdienen, gebe es keine Regelung. Eine Sprecherin seines Hauses machte deutlich, dass auch die von der Bundesregierung zugesicherte Grundsicherung nicht greife. Diese könne nur ausgezahlt werden, wenn keine Immatrikulation vorliege. Ein Großteil der Studierenden geht damit leer aus. Lesen Sie auch: Die aktuelle Lage in Hannover im Liveblog Das ist die Zahl der Infizierten Diagnose Corona: So lebt es sich in Quarantäne Althusmann: Wirtschaft kann ab Mittwoch Anträge auf Hilfe stellen Von Mandy Sarti

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