Corona: 68 Prozent der Krankenhäuser in ihrer Existenz bedroht

Seit Wochen laufen die Krankenhäuser immer mehr mit schwerkranken Corona-Patienten zu. Und die Pandemie bringt die Häuser auch an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungskraft. Das hat jetzt die Umfrage unter 129 niedersächsischen Krankenhäusern ergeben. Laut der Niedersächsische Krankenhausgesellschaft (NKG) erwarten 54 Prozent der Kliniken eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage in 2021. Etwa die Hälfte rechnet mit einem Rückgang der stationären Fallzahlen. „Für den Ausgleich der wegbrechenden Einnahmen ist eine Nachbesserung und Verlängerung des Rettungsschirms für Krankenhäuser unerlässlich,“ sagt NKG-Chef Helge Engelke. Steffen Ellerhoff, Sprecher des Klinikums Region Hannover (KRH), begrüßt diese Forderung. Denn die Pandemie nimmt das Unternehmen regelrecht in die Zange. Zum einen fallen planbare Eingriffe aus, zum anderen sorgt die Pandemie für überproportional viele Akutpatienten, deren Versorgung nicht ausreichend vergütet werde. Behandlung der Covid-Patienten nicht auskömmlich: Hinzu kommt eine Bürokratie, die dem KRH das Wirtschaften erschwert. „Von September bis Mitte November gab es keine Kompensationszahlungen. Seit Mitte November können nur Krankenhäuser mit bestimmten Notfallstufen und Benennung durch das Land eine Freihaltepauschale abrechnen“, sagt Ellerhoff. Im KRH sind das gerade mal drei von zehn Krankenhäusern. Und das, obwohl alle Häuser mit Corona-Patienten belegt sind. Laut NKG sind 68 Prozent der Krankenhäuser in Niedersachsen langfristig in ihrer Existenz bedroht. Das habe die Auswertung der Wirtschaftszahlen 2020 ergeben. Und 2021 verspricht nicht besser zu werden. Ulrike Wiedemann, Sprecherin des Vinzenzkrankenhauses: „In 2020 hatten wir in jedem Fall weniger elektive Eingriffe als geplant. Dieser Trend setzt sich derzeit auch in 2021 fort.“ In 2020 weniger planbare Eingriffe: MHH-Sprecher Stefan Zorn erklärte auf NP-Anfrage: „Die Zahl der behandelten Patienten im Jahr 2020 wird deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen.“ Hauptgrund seien die per Erlass untersagten elektiven (planbaren) Eingriffe während des Lockdowns im Frühjahr und die reduzierten Eingriffszahlen im Herbst. Matthias Büschking, Sprecher der Diakovere, spricht von einem „hohen personellen und finanziellen Aufwand“, um die Versorgung der Covid-19-Patienten sicher zu stellen. „Dieser hohe Aufwand im vergangenen und in diesem Jahr wird durch die Hilfspakete nicht ausreichend abgedeckt“, so der Diakovere-Sprecher. Wie in anderen Bereichen offenbart die Pandemie auch im Klinikbereich schonungslos seit Langem bestehende Mängel. Ein Zuviel an Bürokratie steht einem Zuwenig an Investitionen gegenüber. Immer größerer Kostendruck bei immer weniger Fachkräften. Bereits vor Corona waren viele Krankenhäuser in Niedersachsen defizitär. Das ist auch deshalb so, weil hier die Vergütung der medizinischen Leistungen besonders niedrig ist. Lesen Sie auch Corona: Wie viele Intensivbetten in Hannover sind aktuell frei? Niedersachsen: Wer wird wann gegen Corona geimpft? Mutation des Coronavirus: Die wichtigsten Fragen und Antworten Von Thomas Nagel