Uli Stein Stiftung: Katja Seifert startet Tierarztmobil für Obdachlose

Uli Stein (†73) war ihr Mentor, ihr bester Freund: „Sein Tod kam so unerwartet und hat uns alle sehr getroffen“, erzählt Katja Seifert (49) ein halbes Jahr nach dem Tod des berühmten Cartoonisten. Seit 23 Jahren hatten sie zusammengearbeitet, seit Seiferts Kindheit in Garbsen kannten sie sich schon. „Wir waren Nachbarn und ich fand seinen Hund, einen ganz wuscheligen Bobtail, so toll. Ich fragte Uli ständig, ob ich ihn ausführen darf.“ Durfte sie – und es entwickelte sich eine besondere Beziehung zwischen dem Zeichner und der Nachbarstochter. Seifert studierte nach dem Abitur Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Marketing an der Leibniz-Universität Hannover. Als sie fertig war, fragte Stein sie: „Wollen wir nicht eine Agentur gründen, die sich um die Vermarktung meiner Zeichnungen kümmert?“ In den 90er Jahren war die Hochphase von Steins Erfolg, die administrativen Aufgaben seien ihm zu viel geworden. „Er sagte zu mir: Ich will doch einfach nur zeichnen. Kümmer du dich um den Rest“, erinnert sich die heute 49-Jährige. „Und ich war so naiv und habe einfach zugesagt“, erzählt sie und lacht. Keine Fehlentscheidung. Denn aus der Agentur „ Catprint Media GmbH “, die eigentlich nur Steins Kunstwerke vermarkten sollte, wurde mehr: Etwa 30 Cartoonisten betreuen Seifert und ihr Team inzwischen. 2018 kam ein Herzensprojekt dazu: Die „ Uli Stein Stiftung “, die sich um Tiere in Not kümmert. Ab Mittwoch gibt es eine neue Aktion: das Tierarztmobil. Dazu später mehr. Uli Stein hatte Tiere lieber als Menschen: „Uli hat für Tiere gelebt, sie waren ihm lieber als Menschen“, erzählt Steins rechte Hand. „Ich habe ihn manchmal Aschenputtel genannt, denn an seine Fensterbank kamen alle möglichen Wildtiere zu Besuch: Eichhörnchen, Tauben...“ Stein habe für alle Namen gehabt, sie jeden Tag gefüttert. „Wenn mal ein Eichhörnchen nicht kam, machte er sich Sorgen.“ Für die Hunde seiner Mitarbeiter kochte er jeden Tag Fleisch und Suppe. „Mein Hund Teddy wartete jeden Tag um 14 Uhr sehnsüchtig darauf, dass Uli ins Büro kommt. Es war ganz schrecklich, als er von einem Tag auf den anderen nicht mehr kam. Jedes Mal, wenn der Postbote geklingelt hat, dachte Teddy, Uli kommt jetzt.“ Seinen wuscheligen Freund kam Uli Stein außerdem jedes Wochenende besuchen. „Ich bin mir zumindest sicher, dass er immer gekommen ist, weil er Sehnsucht nach Teddy hatte“, sagt Seifert und lacht. Wenn sie mit ihrem Mann, Gilles Seifert (56), und der Tochter in den Urlaub fuhr, verbrachte der Hund seine Ferien bei Uli Stein in der Wedemark, wohin er 1990 gezogen war. Und Stein hatte noch mehr tierische Freundschaften: „Nachdem er Teddy besucht hatte, ist er zum Alpakahof in Langenhagen gefahren“, berichtet Seifert von den Ritualen des Cartoonisten. „Und auf dem Weg dorthin hat er bei einigen Pferde-Weiden angehalten, er hatte immer Möhren dabei.“ Selber hatte Stein keinen eigenen Hund mehr, „der Tod seines Bobtails hatte ihn zu hart getroffen.“ Lieber kümmerte er sich um die Hunde und Tiere anderer, vor allem um Tiere in Not. Also gründete er zwei Jahre vor seinem plötzlichen Tod mit Seifert die Stiftung, sie verteilten Spendengelder an Tierschutzvereine und unterstützten Projekte. Unter anderem steuern sie der Essensausgabe der „Obdachlosenhilfe Hannover“ Futter für die Hunde der Wohnungslosen bei. Das Tierarztmobil der „Uli Stein Stiftung“: Ab 17. Februar versorgen sie die Vierbeiner auch medizinisch: „Dieses Tierarztmobil war mein Traum“, erzählt Seifert. „Bei den Essensausgaben haben wir so häufig mitbekommen, dass die Obdachlosen ihre Hunde nicht behandeln lassen können und welch großen Kummer ihnen das bereitet. Die Hunde sind alles, was sie haben, die Bindung ist enorm“, berichtet sie. Wichtig sei ihr vor allem, dass die Tiere durch Impfungen und Wurmkuren Vorsorge bekämen, damit sie gar nicht erst schwer krank werden. Das Projekt hatte Uli Stein noch mitgeplant, doch für die finale Umsetzung fehlten Gelder. Dann verstarb ein wohlhabender Hannoveraner, der einen Teil seines Vermögens der Stiftung zukommen ließ. „Uli würde sich so freuen“, ist sich Seifert sicher. Sie bekommt Unterstützung von einer Garbsener Tierärztin, Astrid Galka (32). „Eine ganz tolle Frau, ich habe sie in der Hundeschule mit Teddy kennengelernt“, so Seifert. „Sie ist schon während ihres Studiums in ihrer Freizeit nach Rumänien gereist, um dort den Straßenhunden zu helfen. Jetzt errichtet sie einen Gnadenhof, wo sie aktuell mit sieben Hunden lebt.“ Eine weitere Tierärztin aus Langenhagen, Carola Urhausen, hilft ebenfalls mit. Mit den beiden Frauen und weiteren ehrenamtlichen Helfern wird Seifert nun jeden Mittwoch von 15 bis 17 Uhr samt Tierarztmobil auf dem Platz der Basilika St. Clemens (Calenberger Neustadt) stehen, um die Vierbeiner zu versorgen. Mit ihrer Arbeit möchte Seifert Uli Steins Mission weiterleben. „Es war anfangs schwer, auf einmal alleine zu sein und alle Entscheidungen alleine treffen zu müssen. Ich frage mich jetzt einfach in jeder Situation: Was würde Uli sagen? Das hilft.“ Lesen Sie auch Cartoonist Uli Stein gestorben: So erlebte er seine Kindheit in Hannover Nachruf auf Uli Stein: Der hannoversche Cartoonist und Fotograf brauchte nie viele Worte Zum Tod von Uli Stein: Fans trauern und posten seine besten Cartoons auf Twitter Von Josina Kelz