Pop-Art-Künstler Niko Nikolaidis aus Hannover hat ein neues Atelier

„Willkommen in meiner Traumwelt“, sagt Niko Nikolaidis (29) und führt durch sein neues, 200 Quadratmeter großes Atelier in Langenhagen. Seit diesem Jahr ist es seine neue Produktionsstätte, sein kreativer Quell. Die Treppe nach oben gleicht einer Galerie, Bilder aus seinen Anfangszeiten und unverkäufliche Werke zieren die Wände. Oben angekommen, in einem großen hellen Raum mit weiteren Kunstwerken, Urkunden und Presseartikeln an der Wand, einem Sofa und Kühlschrank in der Ecke, sagt Nikolaidis: „Dieser Raum stellt die Realität dar, der nächste Raum ist die eigentliche Traumwelt.“ Es ist ein abgedunkeltes Zimmer, die Fenster hat der Künstler zugeklebt, an die Decke projiziert eine Speziallampe einen künstlichen Sternenhimmel. Neonlicht lässt die Farben der Bilder leuchten. An den Wänden stehen die Kunstwerke, an denen Nikolaidis aktuell arbeitet. * 23. November 1990 in Großburgwedel. Er wächst in Resse (Wedemark) mit vier jüngeren Geschwistern auf, seine Eltern stammen aus Griechenland (Saloniki) und hatten ein griechisches Restaurant in Brelingen. Nach dem Abitur studiert Nikolaidis Marketing-Management an der Fachhochschule des Mittelstands in der List. Er entscheidet sich gegen eine Manager-Karriere und mietet sein erstes Atelier an der Göttinger Straße. Der damals 25-Jährige bewirbt sich bei der Pashmin Art Gallery in Hamburg. Diese nimmt ihn und seine Kunstwerke mit zur Kunstmesse Scope nach Miami. Sofort verkauft er ein Bild. Es folgt eine Ausstellung in New York, Nikolaidis’ internationaler Durchbruch. In Langenhagen hat er sein neues Atelier, in Hannover hat der Single-Mann eine Wohnung. Wenn der 29-Jährige hier gegen Nacht anfängt zu malen, dreht er die Musik laut auf, im Gewerbegebiet von Langenhagen stört das niemanden. Dann verbindet er sich die Augen. „In dem Moment versetze ich mich in eine Trance. Es hat Jahre gedauert, bis ich diesen Zustand erreichen konnte“, schildert er. „Es ist dann so, als würden mich meine Ahnen leiten. Wenn ich anfange, weiß ich nicht, welches Bild entstehen wird.“ Niko Nikolaidis’ Kunst hat sich verändert: Apropos Ahnen: Als Nikolaidis 2016 als Pop-Art-Künstler bekannt wurde, waren Totenköpfe wiederkehrende Elemente in seinen Bildern. Heute hat er sie von seinen Kunstwerken verbannt, sein Stil hat sich verändert. Dafür finden Betrachter nun DNA-Stränge in vielen seiner Bilder. Eine Hommage an seine Vorfahren. „Es steckt so viel in uns, wir müssen es nur rausholen“, so der Hannoveraner. Auf mehreren Bildern sieht man außerdem Figuren aus der griechischen Mythologie, Nikolaidis’ Eltern stammen aus Griechenland. Seine Bilder sind noch immer bunt, aber sie sind erwachsener geworden. Weniger Totenköpfe und Bling-Bling, weniger Logos, mehr tiefgründige Werke. Livepainting im Erlebniszoo Hannover: Nikolaidis zeigt auf ein neues Bild, auf das er besonders stolz ist: Ein Löwe, durch sein Gesicht zieht sich – Überraschung – ein DNA-Strang. Das Gemälde hat er während eines Livepaintings im Dschungelpalast des Erlebniszoo Hannover angefertigt. „Ich bin da förmlich aufgeblüht. Die Atmosphäre war magisch. Ich alleine inmitten des leeren Elefantengeheges, die untergehende Sonne, Nebelwerfer, eine Lichtshow und die Zuschauer drum herum.“ Auch hier verband sich Nikolaidis während der ersten zehn Minuten die Augen. „Ich wusste nicht, was ich malen werde. Am Ende sah ich, dass es ein Löwe geworden ist. Ich habe mich einfach von meinem Inneren leiten lassen.“ Die Atmosphäre habe ihn in eine besondere Trance versetzt. Atmosphäre, das sei die Hauptzutat seiner Kunstwerke. Deshalb male er nachts, gegen 22 Uhr fängt er an, in den Morgenstunden legt er den Pinsel weg. „Manchmal male ich aber auch 20 Stunden am Stück.“ Um neue Energie zu sammeln, lehne er sich dann an die Wand und schließe für zehn Minuten die Augen. Und dann geht’s weiter. „Viel schwarzer Kaffee hilft auch“, sagt er und lacht. Aber: „Ich male nicht, um runterzukommen, sondern um neue Energie zu erzeugen.“ Seine Managerin, Rita Döring-Klawitter, bringt ihm ab und an frisch gekochtes Essen vorbei. „Sonst würde er vergessen zu essen.“ Zwar hat Nikolaidis eine eigene Wohnung in Hannover, doch eigentlich lebt er in seinem Atelier. „Wenn ich nach Hause fahre, drehe ich oft direkt wieder um, weil ich eine Idee für ein neues Bild habe.“ International gefragt: Ausstellungen in China, Miami, New York: Nach vier Jahren Künstlerleben ist Nikolaidis weit oben in der Kunstwelt angekommen. Er stellte bereits auf der „Art Basel“ in Miami aus, im Chongqing Museum in China. Dort wurde er zu einem der zehn besten zeitgenössischen Künstler ernannt. Außerdem stellt Nikolaidis in New York, Beijing und Barcelona aus. Eine kalifornische Galerie sammelt seine Werke, seine Kunden leben auf der ganzen Welt: Chicago, Spanien, Frankreich, Schweiz, Asien. Sein bislang teuerstes Werk hat er für 56.000 Euro verkauft. „Was aber noch viel mehr zählt als die Erlöse, sind Momente wie dieser: Eine Frau weinte, als ihr Mann ihr ein Bild von mir schenkte. Das werde ich nie vergessen.“ Wenn Nikolaidis spricht und man nicht hinsieht, aus wessen Mund die Worte kommen, könnten es auch die Worte eines alten, weisen Mannes sein. „Niko ist so weise, obwohl er viel jünger ist als ich. Ich weiß nicht, woher das bei ihm kommt“, sagt seine Managerin, die gleichzeitig seine engste Vertraute ist. „Aus dem Inneren kommt das, Rita“, sagt der Künstler, „aus dem Inneren.“ Noch in diesem Jahr wird Nikolaidis 30. „Ich freue mich, ein neues gigantisches Jahrzehnt.“ Wie viel Farbe sich in diesem Jahrzehnt wohl noch auf seiner Haut verteilt? Nikolaidis’ Hände, Arme, sogar die langen, lockigen Haare sind voller bunter Farbspritzer. „Ich versuche sie gar nicht mehr abzuwaschen. Sie sind mittlerweile ein Teil von mir. So wie die Kunst.“ Lesen Sie auch Pop-Art-Künstlerin aus Hannover: Liya Lapidus alias "Gurugirll" Hannover: Behnush Martinez startet Fotoaktion gegen Rassismus Von Josina Kelz