Neuer Co-Working-Space in Hannovers Altstadt

Einen Ort der Produktivität, der Inspiration und der Geselligkeit schaffen – das war die Vision von Betriebswirtschaftler und Geschäftsführer Dirk Schnarhelt (31) und Nils Neubert (29). Entstanden ist die Leinery: eine gemütliche Lounge inklusive funktionaler Arbeitsplätze in einem modernen Loft im Herzen der Altstadt, die tageweise angemietet werden können. Ganz versteckt in einem kleinen Hinterhof in der Leinstraße befindet sich das Loft, das voraussichtlich ab Oktober moderne Arbeitsplätze, Raum für Workshops oder Team-Events sowie kreativen Austausch bieten soll. Leinery: Das ist ein Wortspiel aus Leine und „Library“, dem englischen Wort für Bibliothek oder auch Büchersammlung. Das Geschäftshaus wurde 1943 zerstört: Der Zusammenhang findet sich in der Geschichte des Gebäudes in der Leinstraße 31. Von 1792 bis 2013 gehörte es nämlich zum Stammsitz der Hahnschen Buchhandlung Verlagsgesellschaft. Das Hauptgeschäft konzentrierte sich auf geschichtswissenschaftliche Publikationen. Zwischen 1818 und 1873 durfte sich der Verlag sogar Hof-Buchhandlung nennen. „Mit dem Namen haben wir den wunderschönen Standort und die spannende Historie aufgegriffen“, so Schnarhelt. Das frühere Geschäftshaus mit der Hausnummer 32 wurde am 26. Juli 1943 bei einem Bombenangriff zerstört. Ein Großteil der Akten und des Archivs fiel den Flammen zum Opfer. Zehn Jahre später wurde das Gebäude wiederaufgebaut. Leinery soll nun frischen Wind in das alte Gemäuer bringen. Unterstützung für sein Projekt bekommt Schnarhelt von seinem Kumpel Nils Neubert. „Wir beschäftigen uns beide viel mit Immobilienkonzepten“, erzählt Neubert, „deshalb hatten wir auch gleich eine Idee, die zu dem Objekt passt.“ Auch auf die Farbauswahl wird Wert gelegt: Zwei Themenwelten sind geplant, beide komplett ausgerüstet für Präsentationen, Meetings, Konferenzen und Workshops. Im zweiten Obergeschoss ist auf lichtdurchfluteten 100 Quadratmetern das Creative Loft eingezogen. Frische Farben, viel Rot und Blau, ein Hängesessel, Patchwork-Muster sowie ein Mix aus Sitz- und Steharbeitsplätzen sollen über den Dächern der Stadt auch zu geistigen Höhenflügen anregen. „Die Farbwahl ist nicht zufällig“, so Neubert, „wir wollten eine Umgebung schaffen, die sich positiv auf die Produktivität auswirkt.“ Denn Rot sorge für Kreativität und stifte Energie. Blau wirke entspannend und fördere die Konzentration. Wer eine kleine Pause einlegen will, kann sich an der Playstation austoben. Auf der zwei mal zwei Meter großen Whiteboardfläche lassen sich spontane Einfälle, Konzepte und Strategien festhalten. Für Präsentationen stehen zwei TV-Bildschirme an der Wand zur Verfügung. „Das Licht lässt sich individuell konfigurieren“, so Schnarhelt. Die Küchenzeile ist mit einer Tafel verkleidet. „Eine Freundin von uns hat sie im Handlettering-Stil bemalt“, sagt Neubert. Eine graue Lampe im Industrie-Chic beleuchtet den großen Holztisch vor der Fensterfront. „Die habe ich buchstäblich vor der Tür gefunden“, verrät der studierte Betriebswissenschaftler lachend, „nämlich auf dem Altstadt-Flohmarkt.“ Diesen besonderen Charme unterstützt auch die Wandgestaltung. Ein Stück des alten Mauerwerks ist freigelegt. Ein Business Loft im klassischen Bürostil: Eine Etage tiefer soll das Business Loft entstehen. „Das Design ist hier etwas förmlicher, aber entspannt“, sagt Schnarhelt. Mit Schreibtischen und einem Konferenzraum ist das Business Loft an den klassischen Bürobetrieb angelehnt. Ein paar Details gibt es aber auch hier zu entdecken. An der Wand hängt eine Dartscheibe – Bewegung ist wichtig. In der Bar lassen sich kühle Getränke verstauen. Wer am Ende eines arbeitsreichen Tages noch ein wenig entspannen will, kann dies in der Lounge tun. Sie befindet sich im Erdgeschoss des Gebäudes. Moderne und Historie, Wohnzimmer-Atmosphäre und After-Work-Club treffen hier aufeinander. Neben der Bar führt eine hölzerne Wendeltreppe auf eine Empore, die wie eine Galerie rund um den Raum verläuft. Wo einst Bücher lagerten, hängen heute bunte Kunstwerke. Die schweren, 30 Jahre alten Chesterfield-Möbel wurden aus London importiert und in Deutschland aufgearbeitet. Sie erinnern an die Ausstattung britischer Herrenclubs. In die kommt man übrigens nicht so einfach rein. Das gilt auch für die Leinery Lounge. „Es ist keine öffentliche Bar“, betont Schnarhelt. Er wünscht sich einen Ort, wo sich ausgewählte Netzwerkpartner austauschen können. Diese können neue Gäste mitbringen. „Vom Maler über Gärtner bis hin zum Werbeprofi kann jeder Teil dieses Netzwerks werden“, so der Konzeptentwickler. Mitmachen darf, wer eine nützliche Fähigkeit mitbringt. Er ist sich sicher: „Variation bringt uns nach vorn.“ Auch Weihnachtsfeiern sind hier möglich: Denkbar ist für Schnarhelt auch, die Lounge für Weihnachtsfeiern an Firmen zu vermieten. Praktisch, denn vom Weihnachtsmarkt bis zum Leinery Loft sind es nur wenige Schritte. Der exklusive Charakter des Konzepts soll aber keineswegs abschrecken. Neubert führt aus: „Der Gedanke des Austauschs soll im Mittelpunkt stehen.“ Chef Schnarhelt stellt klar: „Eine ausgewählte Personengruppe hereinzulassen ist das gute Recht des Gastgebers. Wenn ich Geburtstag feiere, entscheide ich ja auch selbst, wen ich einlade.“ Ein Budget für die umfangreichen Arbeiten in den Lofts und der Lounge gibt es übrigens nicht. Schnarhelt gibt grinsend zu: „Gekauft wurde, was gefällt.“ Der gebürtige Ostfriese bleibt der Leitfrage des Projekts treu: Wie will ich gern arbeiten? Dies ist der Maßstab für jede Entscheidung hinsichtlich Einrichtung und Ausstattung der Räumlichkeiten. „Am Ende ist für mich einfach wichtig, dass alles toll aussieht und der Gesamteindruck stimmt“, sagt er. Nun hofft er, dass er auch andere mit seinen besonderen Arbeitsplätzen begeistern kann. Räume können online gebucht werden: Mit transparenten Preisen und der zentralen Lage soll Leinery punkten. „Über unsere Internetseite www.leinery.de kann jeder im Online-Kalender schauen, wann die Räume verfügbar sind“, erläutert Schnarhelt, „die Buchung ist unkompliziert, gezahlt wird mit Paypal, Kreditkarte oder auf Rechnung.“ Neubert ergänzt: „Der Standort ist wirklich perfekt. Ich empfehle, in der Mittagspause ruhig ein bisschen rauszugehen. In der direkten Nachbarschaft gibt es viele tolle Restaurants und natürlich auch die Markthalle.“ Gerade wird noch an der Bar in der Lounge gewerkelt und auch der Außenbereich soll optimiert werden. Ein paar Handgriffe fehlen also noch, doch im Oktober soll Leinery nach rund fünf Monaten Umbauzeit offiziell eröffnen. Von Janina Scheer

Projekt - Co-Working-Space in Hannover: Sie planen Neues für die Altstadt