„MicroMacro Crime City“, „Tapikékoi“: Neue spannende Spiele

Mord und Totschlag, gewiefte Chips-Diebe, blühende Landschaften in Indien und die Erforschung einer geheimnisvollen Insel: Diese vier Spiele-Neuheiten machen den Winter zum großen Abenteuer. Für alle Spiele-Fans: „MicroMacro Crime City“: Was ist das? Hier kann man schon losspielen, bevor man die Packung geöffnet hat. „Wer hat den Burger-Verkäufer ermordet?“ steht auf einem roten Feld des Covers von „MicroMacro Crime City“. Und dann blickt man auf das Wimmelbild daneben, das nur einen kleinen Ausschnitt eines viel größeren Bildes zeigt, und beginnt zu suchen: Wo ist denn wohl die Burger-Bude? Wohin geht der Verkäufer? Folgt ihm vielleicht irgendjemand? Sofort ist man mittendrin in einer Kriminette und in einer ganz eigenen Welt. Wie spielt es sich? „MicroMacro“ ist unter anderem eine grafische Meisterleistung. Kern des Geschehens ist ein 75 mal 110 Zentimeter großes Faltblatt, ein gewaltiges Wimmelbild. Zwei bis drei Jahre, schätzt er, hat Grafiker Johannes Sich daran gearbeitet und viele kleine Geschichten versteckt. Denn das Bild ist keine Momentaufnahme eines wuseligen urbanen Geschehens; hier sieht man gleich alle Zeitebenen gleichzeitig. Wenn irgendwo ein Leiche liegt, kann man sicher sein, dass die Figur in der Nähe irgendwo quicklebendig durch die Gegend läuft. Verblüffend ist, mit welch hohem Wiedererkennungswert die stilisierten Figürchen gestaltet sind: Obwohl an jeder Ecke etwas passiert, lassen sich die Protagonisten sehr gut auseinanderhalten. Das eigentliche Spiel besteht aus Kriminalfällen in Form von Kartensätzen; 16 sind enthalten. Die erste beschreibt den Ausgangspunkt und dessen ungefähre Position, verbunden mit einer Frage. Meist sind bestimmte Szenen zu entdecken, und jede führt ein wenig weiter bis zur Lösung des Falls. Die Aufgabe eines Spielenden ist es, die Karten zu verlesen. Die anderen suchen. Was taugt es? Ein Wimmelbild als Spiel – geht das? Es ist zumindest ein einzigartiger, großer Spaß. Man kann gar nicht anders, als sich in den Details zu verlieren. Wenn man das Faltblatt als Poster aufhängt, wird garantiert jeder Besucher davor stehen bleiben. Aber ist es auch ein Spiel? Darüber kann man streiten. Immerhin: Es hat Regeln. Es erzählt eine Geschichte. Und es ist einzigartig. Entgehen lassen sollte man es sich auf keinen Fall. Johannes Sich, Daniel Goll, Tobias Jochinke: „MicroMacro Crime City“. Spielwiese/Pegasus Spiele, für einen bis vier Spielende ab acht Jahren, etwa 25 Euro. Für Kinder: „Tapikékoi“: Was ist das? Die hübschesten Kinderspiele derzeit stammen vom französischen Verlag Djeco. In drolliger Sixties-Retrografik kommt „Tapikékoi?“ daher. Das ist die Verballhornung der Frage „Tu as piqué quoi?“ (Was hast du stibitzt?“), und darum geht es hier auch: Es darf gemopst werden. Wie spielt es sich? Vier Tableaus zeigen eine bürgerliche Idylle aus Küche, Wohnzimmer, Schlafzimmer und Garten. Darauf werden passende Gegenstände verteilt, pro Runde zwölf. Die Idylle ist gefährdet; ein Dieb ist unterwegs: Pro Runde schlüpft ein Kind in die Rolle der Familie, die auf ihr Eigentum aufpasst, aber mal kurz nicht hinguckt (für zehn Sekunden die Augen schließt), während die anderen Gegenstände mitgehen lassen. Das Kind, das die Familie spielt, muss nun herausfinden, welche Chips fehlen: „Tapikékoi?“ ist eine Art umgekehrtes Versteck-, vor allem aber ein nettes Gedächtnisspiel. Was taugt es? Spiele dieser Art gab es zuletzt häufiger; erinnert sei zum Beispiel an „1, 2, 3“ oder „Memo Palace“. So charmant gestaltet wie hier gibt es das allerdings nur selten. Romaric Galonnier, Laurent Toulouse: „Tapikékoi?“. Djeco, für zwei bis vier Spielende ab fünf Jahren, etwa 14 Euro. Für Kenner: „The Dice Charmers“: Was ist das? Der Maharadscha wünscht, dass seine Provinzen aufblühen. Die Landesfürsten sind ihm gerne zu Diensten, schließlich mehrt das auch ihren Ruhm und Reichtum. Doch wer schafft das am besten? Und warum kommt einem diese Ausgangslage so bekannt vor? Weil das Thema schon einmal in einem Brettspiel für Kenner verhandelt wurde, Inka und Markus Brands „Rajas of the Ganges“ von 2017. Nun haben sie es ins „Roll und Write“-Genre überführt. Wie spielt es sich? Vor allem für vier Bereiche wird gerollt und angemarkert: der grünen Provinz, dem goldgelben Palast, dem violetten Markt und dem blauen Fluss Ganges. Je zwei entsprechende Würfel gibt es; alle acht wirft der Startspieler der Runde. Einen sucht er sich aus, den anderen gleichfarbigen blockiert er. Dann sind die Mitspieler dran, und es geht weiter (in der – sehr empfehlenswerten – Zwei-Spieler-Variante nimmt jeder zwei Würfel). Die Würfel zeigen Symbole. Die korrespondieren mit Feldern auf dem sehr farbenfrohen und dennoch übersichtlichen Flächen auf den Zetteln, die jeder Spieler vor sich hat. Die Besonderheit: „The Dice Charmers“ steckt voller Synergieeffekte. Immer wenn bestimmte Bereiche erschlossen sind, gibt es Sonderaktionen, manchmal ganze Kettenzüge und immer wieder Punkte für Ruhm und Geld, die auf zwei gegenläufigen Leisten festgehalten werden. Was taugt es? Die „Dice Charmers“ können alles, was schon das große Vorbild konnte, nur viel kompakter. Ein neues Highlight des Genres. Inka und Markus Brand: „Rajas of the Ganges: The Dice Charmers“. Huch!, für zwei bis fünf Spielende ab zwölf Jahren, etwa 18 Euro. Für Vielspieler: „Die verlorenen Ruinen von Arnak“: Was ist das? Kommt nach Arnak, haben sie gesagt. Dort warten Abenteuer, Ruhm und Ehre, haben sie gesagt. Von fiesen Monstern, die die Hinterlassenschaften einer uralten Zivilisation bewachen, war keine Rede – und auch nicht davon, dass es sich um eine, zumindest für Vielspieler, ziemlich faszinierende Mischung aus Deckbau-Spiel, Arbeiterplatzierung und Ressourcen-Management handelt. Wie spielt es sich? Die Ausstattung ist gewaltig: Hat man erst einmal Spielplan und Spielertableaus ausgebreitet und mit Karten, Markern, Holzfiguren und Steintafeln, Pfeilspitzen und Juwelen aus Plastik bestückt, ist der Spieltisch proppenvoll. Der Ablauf jedoch ist relativ übersichtlich. Jeder Spieler startet mit sechs Karten, von denen er fünf auf die Hand nimmt. Zwei sind schon am Anfang eher unnütze Furchtkarten. Die anderen bringen einem Ressourcen ein: Geld und Kompassmarker. Beides braucht man, um seine Expedition mit nützlichen Gegenständen auszustatten und Artefakte zu entdecken. Dabei handelt es sich um Karten, die mit Ressourcen-Markern bezahlt werden müssen, und die dann ins eigene Deck wandern. Sie erhöhen erheblich die Handlungsoptionen in späteren Runden. So weit, so sehr bekanntes Deckbau-Prinzip. „Arnak“ kann aber noch mehr. Vor allem simuliert es, wie die konkurrierenden Entdecker immer weiter die Insel erforschen: Ein Teil des Spielplans zeigt Orte, die erst einmal entdeckt werden müssen; den Weg dahin muss man auch bezahlen. dafür gibt es dort weitere Ressourcen – und Monster, die (man ahnt es: durch Einsatz von Ressourcen) bekämpft werden müssen. Hier wird „Arnak“ zu einem Spiel der Arbeiter-, Pardon: Archäologen-Platzierung Aber fast nur dort gibt es die Edelsteine, Pfeilspitzen und Steintafeln, die man braucht, um in einem anderen Teil des Spiels voranzukommen, der punkteträchtigen Forschungsleiste. Da warten dann auch nützliche Gehilfen und mehr. Klingt nach viel? Ist auch viel und muss gut aufeinander abgestimmt werden. Aber es ist auch sehr gut sortiert und intuitiv. Wer dran ist, führt exakt eine Aktion aus. Ist man dazu nicht mehr in der Lage, passt man. Tun das alles, beginnt die neue Runde mit dem Auffüllen der Kartenhand. Nach fünf Runden endet das Spiel. Was taugt es? „Die verlorenen Ruinen von Arnak“ ist ein Abenteuer, eines, bei dem die Mechanismen perfekt ineinandergreifen, ganz viel Atmosphäre vermitteln und immer wieder neue Überraschungen bieten – übrigens in allen Konstellationen: Selbst die Solo-Version funktioniert herausragend. Volle Empfehlung. Min & Elwen: „Die verlorenen Ruinen von Arnak“. Czech Games Edition/Heidelbär Games, für einen bis vier Spielende ab zwölf Jahren, etwa 60 Euro. Lesen Sie auch "Killer Cruise", "Bonfire": Stefan Gohlisch stellt neue Spiele vor Spieletipps von Stefan Gohlisch: Small World of Warcraft Von Stefan Gohlisch