Knochenmarkspende: Wie eine 19-Jährige ein Kleinkind rettete

Dass Lea Thomczyk (19) aus Langenhagen in diesem Jahr einer wildfremden Familie aus Frankreich das größte Weihnachtsgeschenk überhaupt machen würde, hätte die Remondis-Auszubildende nicht für möglich gehalten. Die 19-Jährige spendete der kleinen Tochter der Familie Stammzellen – und rettete dem leukämiekranken Kleinkind damit das Leben. Dabei hatte sich Thomczyk erst vor einem Jahr als Spenderin bei der seit 1991 bestehenden Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) registriert. Eine Klassenkameradin hatte zuvor ein Referat über Leukämie gehalten. „Danach war für mich klar, dass ich mich auch registrieren will.“ Rund sechs Millionen Menschen sind bei der DKMS gelistet, in den anderen 25 deutschen Spenderdateien weitere 2,4 Millionen. Weltweit kommen 26 Millionen hinzu. Doch dass eine gelistete Person tatsächlich für einen an Blutkrebs erkrankten Menschen als Spender in Betracht kommt, ist mit nur etwa ein Prozent aller Spenderdateien sehr selten. Die Wahrscheinlichkeit, einen Spender außerhalb der Familie zu finden, gleiche der Suche nach der Nadel im Heuhaufen, heißt es bei der DKMS. „Es ist wirklich ein großes Wunder, dass ich tatsächlich der genetische Zwilling dieses Mädchens bin“, sagt die 19-Jährige. „Ich hatte große Angst, dass ich doch nicht helfen konnte“: Das erste Mal klingelte ihr Telefon im Sommer und sie erfuhr, dass sie als Spenderin in Frage käme. Sie sei total überrascht und ängstlich zugleich gewesen. „Weil ich große Angst hatte, dass ich am Ende vielleicht doch nicht helfen könnte“, erinnert sich Lea Thomczyk. Doch eine Blutuntersuchung auf weitere Übereinstimmungen brachte Gewissheit. Mitte November fuhr die Auszubildende zunächst zu umfangreichen Voruntersuchungen in eine Kölner Spezialklinik. „Dort erfuhr ich, dass ich Knochenmark spenden soll und nicht wie in den meisten Fällen üblich nur Blut.“ Doch die 19-Jährige zögerte nicht: „Wie hätte ich nicht helfen können, wenn ich weiß, dass davon das Leben eines Menschen abhängt?“ Ihre Familie habe hingegen große Angst um sie gehabt. Der Eingriff erfolgt unter Vollnarkose und dauert in der Regel etwa eine Stunde. Lesen Sie auch: Wenn das Baby an Leukämie erkrankt Lea Thomczyk blieb bei ihrem Entschluss. Vor zwei Wochen war der Eingriff, für den sie von ihrem Arbeitgeber eine Woche Sonderurlaub bekam. „Die Ärzte haben mir 664 Milliliter Knochenmark entnommen. Ich hatte danach das Gefühl, als hätte ich eine Prellung oder schlimmen Muskelkater.“ Nach der Operation klingelte wieder das Telefon. Dieses Mal erfuhr die 19-Jährige, wer ihr Knochenmark bekommen würde. „Als ich hörte, dass ich einem Kleinkind aus Frankreich das Leben gerettet habe, war ich geschockt. Ich weinte und musste gleichzeitig lächeln. Es ist das schönste Geschenk, das ich diesem Mädchen machen konnte.“ Und doch will Thomczyk nicht Lebensretterin genannt werden. „Für mich ist es selbstverständlich, was ich getan habe. Wenn man gesund ist und helfen kann, dann muss man das machen. Ich habe meine Gesundheit bisher als selbstverständlich hingekommen. Aber dieses kleine tapfere Mädchen aus Frankreich durfte in ihrem Leben noch nicht erfahren, was Gesundheit ist.“ Lesen Sie auch: 25-jähriger Deutscher rettet kleiner Emma aus den USA das Leben Zwei Jahre lang ist die 19-Jährige für das Mädchen reserviert. „Falls sie noch eine weitere Spende braucht.“ Doch sehr bald will Lea Thomczyk ihrem „Zwilling“ einen anonymen Brief schreiben: „Wir sind nun schließlich eng verbunden.“ Von Britta Lüers

Hannover - Knochenmarkspende: Wie eine 19-Jährige ein Kleinkind rettete