Geschenk zur Geburt: Jens Krause komponiert Sinfoniettas für Babys

„Musik ist das Leben. Das Leben ist Musik“. Eine einfache Formel, mit der Jens Krause (60) die Basis eines neuen, aber eigentlich alten Musikprojektes beschreibt. „Sinfoniettas“ nennt der Peppermint-Park-Gründer die etwa fünfminütigen Instrumentalstücke, die er vor vielen Jahren für die Kinder von engen Freunden zur Geburt komponiert hat. Jetzt will er daraus ein „zweites Standbein“ machen. „Ich möchte antesten, ob sich das verkauft“. Krause hat seine Heimat Hannover schon vor drei Jahren verlassen: Mit seiner Frau Kerstin (59) lebt er in der Nähe von Barjols in der französischen Provence, betreibt dort sein „Capitano“-Studio – Musiker können auch seine zwei Gästehäuser und vegane Verpflegung buchen. „Corona war bitter für uns“, lautet seine Bilanz. „Wir hatten viele Buchungen für das Studio und die Apartments.“ Corona-Pandemie trifft Frankreich hart: Persönlich kam er mit seiner Familie „gesund und munter“ durch die Krise, obwohl Frankreich hart von der Pandemie getroffen wurde und auch aktuell die Infektionen wieder steigen. „Wir haben hier ein relativ großes Areal, wir konnten auch im Lockdown noch vor die Tür und haben uns heimlich auf eine Partie Boule getroffen.“ Im fünf Minuten entfernten Barjols sah das anders aus: „Es war trist, fast eine Geisterstadt.“ In der Nähe hat noch ein anderer Hannoveraner sein Domizil: Ex-„Provence“-Wirt Jürgen Piquardt (79) baut zusammen mit seiner Frau Heike (72) auf dem Gut „Minguinelle“ Oliven an. 2006 hat die NDR-Radiophilharmonie bei einer Gala im Großen Sendesaal Krauses „Sinfoniettas“ aufgeführt. „Das war ein Fest mit Freunden aus der Musik-Branche“, erinnert sich Krause an den feierlichen Abend mit Anzug und Fliege. Ein Abend mit langem Nachhall. „Ich habe schon länger darüber nachgedacht, das wieder aufzunehmen.“ Einst hat er die Mini-Stücke ausschließlich als Geschenke komponiert. Zum Beispiel für Mousse T. (53), der findet, dass es nichts gibt, das emotionaler und persönlicher ist. „Die Sinfonietta für meinen Sohn ist das Schönste, was ihm (und mir) je passiert ist“, zitiert Krause das Kompliment des Hit-Remixers auf seiner Homepage. Auch Fury-Gitarrist Thorsten Wingenfelder (54) ist voll des Lobes: „Jens hat zwei kleine Musikperlen erschaffen.“ Die würden die verschiedenen Persönlichkeiten seiner Kinder „auf spannendste Weise widerspiegeln“. Höre man sie Jahre später nochmal, „haben sie nichts von ihrem Zauber verloren“. Auch Fury-Sänger Kai Wingenfelder ist immer noch begeistert vom Stück zur Geburt seiner Tochter. „Die Sinfoniettas begleiten uns und unsere Maus ein Leben lang.“ Wie schreibt man ein Musikstück für ein Kind, das noch gar nicht geboren ist? „Das Schönste ist die Inspiration“, sagt Krause nachdenklich. Eine Sinfonietta soll sanft und beschwingt sein, aber auch Stärke und Neugier in sich tragen. „Ich sammle Infos über Eltern und Großeltern, lasse mir Anekdoten aus dem Familienleben erzählen.“ In einem Fünf-Minuten-Stück stecken zwei bis drei Wochen Arbeit. Denn Krause liefert nicht nur eine Partitur ab, sondern spielt auch alle Instrumente ein. Der gelernte Schlagzeuger beherrscht am Studiocomputer auch den Sound von Geige, Klavier und Holzbläsern. „Es soll sich anhören wie ein ganzes Orchester mit mindestens 15 Stimmen. Da hat sich die Technik ja weiterentwickelt in den vergangenen Jahren.“ Doch es ist mehr als Technik, es ist eine riesige Portion Herz. Krause fühle eine große Leichtigkeit darin, für ein Kind zu komponieren. „Da ist immer eine Stimme, die mich schubst, die das Tempo vorgibt“, sagt er und muss selber lachen. „Das klingt jetzt wie Spökenkiekerei, oder?“ „Die Charaktere passen oft zum Stück“: Und dann erzählt er von der Komposition für ein Kind, bei dem er vor der Geburt ahnte, dass es einmal nach Asien gehen würde. Diese Ahnung wurde neulich bestätigt. Bei den Söhnen und Töchtern der Musik-Freunde hat er die Entwicklung ja oft hautnah beobachtet: „Die Charaktere passten oft zum Stück. Das eine Kind keck, das andere weich, das dritte aufgeweckt. Sie konnten sich darin wiederfinden.“ Wer ein musikalisches Unikat für sein Baby möchte, zahlt 3800 Euro für eine Sinfonietta. Die günstigere Version: Für 1500 Euro baut Krause individuelle Anteile in ein Melodie-Grundgerüst für Jungen oder Mädchen. „Das kann ein Gedicht sein, das die Mutter vorliest. Oder eine Melodie-Passage, falls eines der Elternteile ein Instrument beherrscht.“ Lokale Künstler, mit denen er zusammenarbeitet, würden das Cover gestalten. *24. Dezember 1959 in Hannover. Krause macht eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei der Kette „Die Schallplatte“. Doch es zieht in aktiv in die Musik. In den „goldenen 80ern“ spielt er Schlagzeug in der Band „Fun Key B“, 1987 gründet er zusammen mit Wolfgang Sick das Peppermint Park Studio. Krause produziert Alben von Fury in the Slaugtherhouse, Terry Hoax, Die Prinzen, Jan Josef Liefers. Nach der Expo zieht das Studio in den ehemaligen Belgischen Pavillon, 2003 steigt Krause aus, gründet das „Capitano-Studio“. Das betreibt er seit 2017 in der französischen Provence – Gästehaus und vegane Verpflegung inklusive (Krause verzichtet seit sieben Jahren auf tierische Produkte). Der 60-Jährige ist Produzent, Musiker, Komponist – „ich bin froh, dass ich alle Bereiche gleichzeitig liebe“. Auf die Geschäftsidee kam Krause, als er vor vier Jahren für Enkeltochter Martha ein Stück komponierte – seine elfte Sinfonietta. „Das hat so viel Spaß gemacht“, erinnert er sich. Stücke für Kinder, die bald das Licht der Welt erblicken. Dabei soll es bleiben. Auch wenn Jan Josef Liefers (56) – Krause ist mit ihm befreundet, seit er 1998 das erste Album des „Tatort“-Stars produzierte – ihm den Tipp gab, das Geschäftsfeld auf Hochzeiten und Geburtstage auszuweiten. „Musik statt teurer Klunker“, erzählt Krause vom Liefers-Vorschlag. „Aber das ist nichts für mich. Mir geht es um die kindliche Stille.“ Denn der erste Schrei eines Kindes, sei „Musik in den Ohren derer, die es lieben.“ Lesen Sie auch Peppermint eröffnet Streaming-Studio im Expo-Park Hannover Emmy für aus Region Hannover stammende Regisseurin Maria Schrader Hannover: Theresa Hein und Jette Schmitz machen Podcast Modern Politics Von Andrea Tratner