Gansel widmet „Jim Knopf“ seinem Sohn

Herr Gansel, haben Sie sich mit „Jim Knopf“ einen Lebenstraum erfüllt? Ja! Für mich war es das erste Buch in meiner Kindheit und die erste Geschichte, die mich total begeistert hat. Wie sind Sie ausgerechnet an „Jim Knopf“ geraten? Ich hatte einen Freund in Seelze bei Hannover, das heißt, unsere Mütter waren befreundet. Und der hatte „Jim Knopf“ als Hörspiel. Da er mir die Kassetten nie leihen wollte, habe ich die Geschichte einfach in meinem Kopf weitergesponnen. Das hat mich irgendwie geprägt. Und die Kassette habe ich mir dann einfach selber zum Geburtstag gewünscht. Wie sind Sie darauf gekommen, das Ganze als Realverfilmung zu verwirklichen? Die Idee stammt von Christian Becker. Er ist Produzent und war Mitte der 90er mein WG-Partner in München. Jahre später kam er dann bei uns auf dem Sofa – das alte von meinen Eltern (lacht) – darauf, die Geschichte zu verfilmen. Wie er das denn anstellen will, wollte ich von ihm wissen. Wir reden von einer Zeit, in der „Stadtgespräch“ und „Der bewegte Mann“ in den Kinos lief. Wie wollte er da denn Drachenstädte und Lummerland umsetzen?! Was hat er geantwortet? „Ich schaff‘ das schon“, hat er gesagt. Man müsse eben daran glauben. Und dann? Hat er mich elf Jahre später, wir wohnten nicht mehr zusammen, gefragt, ob ich einen Vordreh machen möchte. Ich wollte! Dafür bin ich zunächst 2012 nach Australien geflogen. Christian hatte Shirley MacLaine für das Projekt gewinnen können, ihr Gesicht konnten wir mit dem sogenannten „Motion Capture“-Verfahren für einen der Drachen verwenden. Der Film war ursprünglich als englischer Film geplant. Und eigentlich diente die Personalie Mac Laine auch dazu, die schleppend laufende Finanzierung voranzubringen. Der Name zieht. Es sollte trotzdem noch vier Jahre dauern, bis die Dreharbeiten losgingen. In der Zwischenzeit hat es vor allem eine grundlegende Änderung gegeben – nämlich den Film auf deutsch zu machen. Warum das? Weil es eine deutsche Geschichte ist, basierend auf einem deutschen Roman, aus einer deutschen Puppenkiste. Außerdem haben wir vermutet, dass er international einfach nicht so erfolgreich werden kann wie „Die unendliche Geschichte“. Ich denke, es war eine sehr gute Entscheidung. Und für 25 Millionen Euro einen deutschen Film zu drehen, wird auch nur selten gemacht. Das ist ein ordentlicher Batzen. Allerdings. Hollywood-Blockbuster in vergleichbaren Dimensionen kosten leicht 100 bis 150 Million Dollar. Bei „Jim Knopf“ haben allein die Computereffekte 7,4, die Ausstattung 6,5 Millionen Euro gekostet. Wir haben einen neun Meter großen Drachen komplett animiert, eine chinesische Stadt am Computer auferstehen lassen, Lummerland komplett aufgebaut, da kann man wirklich mit einer Lok herumfahren. Für den Film wurden vier Emmas gebaut. Die Haupt-Emma war übrigens 5,5 Tonnen schwer. All das zeigt, was für ein enormer Aufwand betrieben worden ist. Aufwendig war auch das Casting, oder? Die größte Herausforderung! Ich musste erstmal Schauspieler finden, die dem Jim und Lukas entsprechen, wie ich sie mir vorstelle. Das war eine Riesensache bei uns in Deutschland, es gab tausende Bewerbungen. Vor allem war es schwer, Kinder zu finden. Die Schauspieler für die Rollen von Jim, Ping Pong und Li Si stammen aus England. Wie sind Sie auf Henning Baum gekommen? Er spielt mit Lukas ja die Hauptrolle. (lacht) Seinen ersten Auftritt in einem Kinofilm hatte er bei mir! Nämlich in „Mädchen, Mädchen“, dem Film, in dem sie alle angefangen haben: Diana Amft, Karoline Herfurth, Elyas M‘Barek, Max Riemelt ... Henning kam frisch von er Schauspielschule, spielte den Sportlehrer. Mit seinen blonden Haaren ist er aber eigentlich ein heller Typ. Ja, aber im Kostüm und dunkel gefärbten Haaren wusste ich gleich: Das ist Lukas! Ein super sympathischer Typ mit einer bärigen Art. Außerdem spürt man total, das er vier Kinder hat. Das kann man als Schauspieler wirklich nicht einfach so herstellen. Wo ist der Film entstanden? Im Filmpark Babelsberg, den Bavaria Studios in München, in Kapstadt – dort an der Küste und in Bergregionen. In Babelsberg wurde Lummerland gebaut. Die Kulisse kann man sogar besuchen, es waren bereits 300 000 Besucher da. Die Dreharbeiten in den Bavaria Studios haben mich besonders gefreut: Früher habe ich immer die Set-Berichte von der „Unendlichen Geschichte“ von dort in der „Bravo“ gelesen. Außerdem habe ich mal während einer Klassenfahrt die Filmstudios besucht. Und jetzt ist „Jim Knopf“ Teil der Ausstellung – Wahnsinn! Mittlerweile sind Sie selbst Vater: Lesen Sie Ihrem 13 Monate alten Sohn Michel vor? Ja, aber er ist eher in der Phase, in dem ich Worte wie „Ball“, „Schmetterling“ und „tatü tata“ vorlese (lacht). Ich freue mich schon, wenn ich ihm „Jim Knopf“ vorlesen und dann die Kassetten vorspielen kann. Und sich irgendwann mit ihm den Film anschauen können. Genau – und er dann sagt: Das Buch war besser (lacht). Nein, ich wünsche mir natürlich, dass er sagt, dass es ein toller Film ist. Ich habe Michel den Film übrigens gewidmet. Er ist während er Dreharbeiten geboren worden, war sogar in Kapstadt dabei. Wie viel Zeit bleibt eigentlich für die Familie? Wie organisieren Sie sich? Das ist schon schwer. Ich habe leider extrem viel gearbeitet, was mit viel Reiserei verbunden war. Das geht auch alles nur, weil meine Frau Anna zu Hause ist. Ich versuche aber immer, morgens zu Hause zu sein, dann zu arbeiten, mittags und das Abendbrot zusammen mit der Familie zu essen. Abends lässt sich dann noch viel über Skype regeln, das ist gut. Kommen Sie zu einer Kinovorstellung auch mal nach Hannover? Das würde ich wahnsinnig gern, es ist meine Heimat. Ich habe Hans-Joachim Flebbe neulich in Berlin getroffen, er ist ja auch Hannoveraner und betreibt das Astor Kino an der Nikolaistraße. Vielleicht klappt es ja nach der Premiere. Von Mirjana Cvjetkovic

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