Von Andreas Willeke und Dirk Tietenberg
Hannover. 96 steht vor den Bayern in der Tabelle, dabei dürfte das nach der reinen Meister-Lehre gar nicht sein. Für Bayern-Trainer Louis van Gaal ist Ballbesitz das entscheidende Erfolgskriterium. 96 hat Erfolg, doch kaum Ballbesitz. Nur 27 Prozent waren es beim 2:2 gegen Leverkusen, 35 und 37 Prozent bei den Siegen gegen Frankfurt und Schalke. Ist Mirko Slomka der Anti-van-Gaal? Hat 96 ein neues Erfolgssystem entwickelt? Erklärungsversuche.
„Wir werden immer weniger Ballbesitz haben als viele unserer Gegner“, erläutert der 96-Trainer. In Unterzahl gegen Leverkusen, „aber auch vorher war uns das nicht wichtig“. Für Slomka ist es vielmehr „wichtig, dass wir die Gegner vom Tor weghalten. Das ist das Thema.“
Trotzdem muss man irgendwie in des Gegners Strafraum kommen, wenn man gewinnen will. Um ohne lange Ballpassagen Tore zu erzielen, braucht man zwei schnelle Stürmer. Didier Ya Konan und Mohamed Abdellaoue sind die Speerspitzen des 96-Abwehrwalls. „Sie sind prädestiniert für die Systematik, nach einem Ballgewinn schnell nach vorne zu spielen, weil sich beide gerne mit einem Sprint absetzen“, erklärt Slomka.
Also im Klartext: 96 nutzt die Ballverliebtheit der Bundesliga aus. Man überlässt dem Gegner den Ball und versucht nach einem Ballgewinn sehr schnell umzuschalten und mit wenigen Kontakten in hohem Tempo nach vorn zu spielen. Das funktioniert aber nicht mit langsamen Stürmern wie Mike Hanke, sondern nur mit ICE-Angreifern wie Ya Konan und Abdellaoue.
Wichtig ist auch, die Schwachstellen des Gegners zu kennen. So funktioniert das System Slomka: „Wir haben verschiedene Analyse-Tools. Ein wichtiges ist Statistik.“ Dazu kommt die Beobachtung der Gegner vor Ort, 96 macht das mindestens zweimal pro Gegner.
96 wertet auch Videomaterial aus, „das wir uns zusammenschneiden lassen“. Kotrainer Nestor El Maestro „legt uns Szenen vor. In kurzen Sequenzen versuchen wir, die wesentlichen Dinge aufzudröseln. Wir sagen, wo die Problemzonen der Gegner liegen und wo die großen Stärken sind.“ Das klappt laut Slomka „manchmal ganz gut, in einigen Fällen aber auch nicht“.
Nach der Auswertung wird die Übungswoche geplant: „Wir wissen, was wir in der Trainingswoche leisten müssen, um die Mannschaft einzustellen.“ Das macht Slomka mit „zwei Hauptbesprechungen am Spieltag und am Abend vorher.“
Vor dem nächsten Spiel am Sonnabend in Wolfsburg will Slomka „eine Entlastungsphase“ einbauen. In Unterzahl mussten die Spieler mehr laufen. Und die meiste Zeit hatten sie keinen Ball am Fuß.