Von Britta Lüers
Hannover. Immer häufiger werden sie im Dienst bespuckt, beleidigt oder angegriffen. Die Einsatzbelastungen nehmen zu, Überstunden sind die Tagesordnung. Professionelle Arbeit ließ die Aufklärungsquote 2009 auf ein Rekordhoch (rund 60 Prozent) ansteigen. Doch die rund 3000 Polizisten in Hannover und die insgesamt 18.000 Beamten im Land haben wenig zu lachen. Sie stecken in der Beförderungsfalle.
Der Kern des Problems: die verlängerte Lebensarbeitszeit. Seit 2009 müssen Niedersachsens Polizisten bis 62 arbeiten. „Dadurch fiel ein Großteil der Beförderungen weg,“ so Thomas Kliewer von der Deutschen Polizeigewerkschaft. Die Folgen seien „dramatisch“. Gab es sonst im Schnitt pro Jahr landesweit 700 bis 800 Beförderungen, werden es dieses Jahr 450 sein. 2011 sogar nur noch 80. „Unterdurchschnittlich“ sei dies auf Bundesebene.
Besonders verheerend ist dies für junge Polizisten – sie steigen als Kommissare mit A 9 (rund 2050 Euro brutto) in den Polizeidienst ein. Zum Vergleich: Grundschullehrer beginnen mit A 11 (etwa 2500 Euro brutto). „Ohne Verbesserungen bleiben Kommissare bis zur Pension im Eingangsamt,“ so Kliewer. Frust und Demotivation nehmen stark zu, Perspektiven fehlen. Nun soll auch noch der letzte von ehemals zwei Ausgleichstagen, Waschtag genannt, wegfallen. „Das ist nicht mehr meine Polizei. Ich komme mir veräppelt vor“, schimpft ein Polizist.
Das Problem – ein Fass ohne Boden. Jährlich rücken 500 Beamte nach. Kliewer: „Der Beförderungsstau wird immer größer. Das Land müsste jetzt gegensteuern.“ Zudem machen immer mehr Beamte höherwertige Aufgaben ohne entsprechenden Lohn.
Bewertungsüberhänge heißt das im amtsdeutsch. Innenminister Uwe Schünemann will sie abbauen. Uwe Küch vom Bund Deutscher Kriminalbeamter glaubt nicht an „eine Ad-hoc-Lösung“. „Zusätzliche Planstellen wären wünschenswert, aber die knappe Finanzlage lässt das nicht zu.“
Allerdings hat das Land offenbar genug Geld, um die Polizeipräsidenten seit Jahresbeginn noch besser zu entlohnen – teils nach B 5 (entspricht 7256, 95 Euro brutto). Kliewer: „Eine instinktlose Entscheidung.“ Ein Ministeriumssprecher dazu: „Wir lagen mit der Bezahlung der Präsidenten weit zurück. Zudem tragen sie viel Verantwortung.“